Provisions-Abzocke: Ein Sieg über die (gierigen) Makler

Ein Mieter-Ehepaar soll einem Makler Provision zahlen, obwohl es laut Gesetz gar nicht muss. Der Abzocker landet vor Gericht – und verliert.
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Klaus und Susanne Sch. lassen es sich nicht gefallen, von ihrem Makler abgezockt zu werden und klagen vor dem Amtsgericht – erfolgreich.
iko Klaus und Susanne Sch. lassen es sich nicht gefallen, von ihrem Makler abgezockt zu werden und klagen vor dem Amtsgericht – erfolgreich.

München - Ganz schön dreist: 1.041,25 Euro Provision hat ein Makler einem Mieter-Ehepaar für die Vermittlung einer Zwei-Zimmer-Wohnung abgeknöpft – obwohl er das gar nicht mehr darf, seit letzten Sommer das sogenannte "Bestellerprinzip" eingeführt wurde. Gelohnt hat sich das nicht: Am Donnerstag landete der Mann vor dem Münchner Amtsgericht in der Pacellistraße. Und kassierte deutliche Worte von der Richterin: "Das geht überhaupt nicht."

Kleinlaut sitzt der grau gelockte Martin R. (Name geändert) im Saal B 105. Er trägt eine beige Anzugjacke zu brauner Hose, versinkt tief in seinem Stuhl, verschränkt nervös die Hände auf dem Tisch. Eigentlich hätte die Firmenchefin (und R.s Lebensgefährtin) zur Verhandlung kommen sollen – die hat sich aber krankschreiben lassen – und ihn als Vertretung geschickt.

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Für das geschädigte Ehepaar Susanne (40) und Klaus Sch. (47), die ihm gegenüber sitzen, ist das kaum von Belang. Denn das Geld abgenommen hatte ihnen ohnehin R. selbst – und zwar "in bar, draußen auf der Straße". Was Mieterin Susanne Sch. allerdings verwirrt, ist dass der Mann sich ihnen nicht als Martin R. vorgestellt habe, sondern so, "als sei er der Firmenchef selbst".

Wie also war der Deal gelaufen? Die Sch.s hatten im Oktober auf einem Immobilienportal im Internet die Zweizimmer-Wohnung in Unterschleißheim entdeckt. 72 Quadratmeter, lichtes Dachgeschoss, 875 Euro Kaltmiete, "perfekt, unsere Traumwohnung", sagt Susanne Sch. Das Ehepaar kontaktierte das Maklerbüro, das die Wohnung eingestellt hatte. Und dann ging alles ganz schnell.

"Wir haben die Wohnung am Sonntag besichtigt und den Bewerberbogen ausgefüllt", erzählt die Mieterin der AZ. "Herr R. hat da noch irgendwas von Provision handschriftlich draufgekritzelt, auf das wir aber nicht geachtet haben."

Über 1.000 Euro cash

Gleich am Montag habe der Makler angerufen, dass sie die Wohnung haben könnten. Und schon am Dienstag war Termin für den Vorvertrag bei den Vermietern. "Zu dem Treffen sollten wir gleich Bargeld mitbringen, eine Nettomonatsmiete plus Mehrwertsteuer, für die Provision."

Der krudeste Moment: Kaum hatten die Mieter die Wohnung der Eigentümer verlassen – den vorläufigen Vorvertrag in der Hand – verlangte Makler Martin R. das Geld. Susanne Sch.: "Über 1000 Euro cash, draußen auf der Straße im Regen! Wir haben uns da schon gewundert, aber der Mann sagte, wir würden den richtigen Mietvertrag nicht bekommen, wenn wir jetzt nicht gleich zahlen." Immerhin: R. stellte handschriftlich eine Quittung aus.

"Eine Monatsmiete von der Kaltmiete plus Mehrwertsteuer Provision bei Vertragsabschluss" hat der Makler noch von Hand aufs Bewerbungspapier geschrieben. Die Mieter mussten die Zusage unterschreiben –
"sonst hätten wir den Mietvertrag nicht bekommen". Foto: iko

Erst zu Hause, nach Recherchen zur aktuellen Gesetzeslage, dämmerte den Mietern, dass sie gar nichts hätten bezahlen müssen. Weil bei der Unterschleißheimer Wohnung ja der Vermieter den Makler beauftragt hatte – und damit auch der Vermieter die Maklerkosten zu tragen gehabt hätte.

"Zwangslage dreist ausgenutzt"

Sie schalteten die Münchner Mietrechts-Anwälte Martin Klimesch und Alexander Walter ein und klagten auf Rückzahlung der 1041,25 Euro. Rechtsanwalt Klimesch: "Martin R. hat die Zwangslage der Mieter auf dem sehr engen Wohnungsmarkt dreist ausgenützt. Sie mussten ja das Geld entrichten, um die Wohnung zu bekommen."

So sieht es in der Verhandlung auch Richterin Regina Wolfrum: "Die Sache ist eindeutig, es besteht ein Recht auf Rückforderung", sagt sie mit Blick auf den Beklagten. "Ich sehe nicht, dass Sie belegen können, dass der Auftrag von den Mietern ausgegangen ist. Dagegen spricht schon, dass die Wohnung auf Immoscout eingestellt war." Die schriftliche Vereinbarung zur Provision sei damit "unwirksam".

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Martin R. gibt sich einsichtig. "Wenn’s nicht geht, dann geht’s nicht", sagt er fast unhörbar leise – und stimmt der Rückzahlung zu. Dass die Mieter ihn nicht nachträglich anzeigen, ist noch sein Glück – denn dann würde seiner Firma eine saftige Geldbuße drohen. Rechtsanwalt Klimesch: "Es gäbe sogar die Möglichkeit einer Gewerbeuntersagung. Aber das wollen wir nicht. Wir wollen hier nur, dass die Mieter zu ihrem Recht kommen." Was hat R. sich dabei gedacht, das neue Gesetz einfach zu ignorieren?

Ist es übliche Geschäftspraxis in seiner Firma, sich derlei Provisionen in bar auszahlen zu lassen? Der Makler, der nach der Verhandlung seine Akten zusammenkramt, schaut irritiert. Bückt sich, greift nach seiner Tasche, sagt: "Kein Kommentar." Und geht zum Aufzug.

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