Protest der Münchner Stadtrats-ÖDP: Ist die Isar zu dreckig zum Baden?
München - Frisch war's, lustig war's. Die Stadträte haben Spaß gehabt neulich beim Probeschwimmen in der Isar, wo die Stadt zwischen Cornelius- und Maximiliansbrücke ein Isarflussbad plant. Auf Holzplanken liegen, sich sonnen, in die Fluten springen, sich in einem gesicherten Bereich treiben lassen – eine herrliche Idee für Isar-Badefans.
So schön, dass der Stadtrat mit den Stimmen von Grünen und CSU (gegen die SPD) grünes Licht dafür gegeben hat, die 16 bis 34 Millionen Euro teure Idee weiter zu verfolgen. Jetzt aber melden sich die Flussbadgegner von der Stadtrats-ÖDP vehement noch einmal zu Wort – und zerreißen das Projekt mit einem "Fakten-Check".
Hier an der Braunauer Eisenbahnbrücke (oberhalb des geplanten Flussbads) wird bei Starkregen ungeklärtes Abwasser in die Isar eingeleitet. Foto: Tobias Ruf
16 Mal im Jahr Abwasser in die Isar?
"Die Stadt plant hier ausgerechnet an der gefährlichsten Stelle der Isar", wettert der Gewässerökologe und ÖDP-Stadtrat Tobias Ruff. "Und die Isar ist hier nach einem Starkregen extrem unappetitlich dreckig, wahrscheinlich sogar gesundheitsgefährdend, weil dann ungeklärtes Abwasser direkt oberhalb der geplanten Badestelle eingeleitet wird."
Ungeklärtes Abwasser? Ruff erklärt das so: In vielen Bereichen der Stadt (vor allem rund um die Altstadt) sei das alte Münchner Kanalsystem so beschaffen, dass es bei extremem Starkregen auch ungeklärtes Abwasser mit Fäkalien aus den Haushalten, aus Kliniken und Gewerbe aufnehmen müsse.
"Es gibt einige solcher Regenauslässe in die Isar", sagt Ruff. "Vier davon sind oberhalb des Flussbads. Der Auslass an der Braunauer Eisenbahnbrücke leitet im Schnitt 16 Mal im Jahr Abwasser in die Isar." Weitere gebe es am Candidplatz und am Werkkanal der Stadtwerke. "Im Landesamt für Umwelt ist das bekannt, es gibt ein Merkblatt dazu."
Klopapier, Binden, sonstiger Müll: So sieht es nach Starkregen an einer der Abwasser-Einleitungsstellen an der Isar aus. Foto: Tobias Ruff
Ruff: "Können uns das Geld für die nächste Studie sparen"
Noch ein Negativpunkt für Ruff: Schon unter Normalbedingungen seien die Strömungsgeschwindigkeiten im geplanten Flussbadbereich so hoch, dass sich das Flussbad "nur für geübte Schwimmer" eigne, ganz sicher aber nicht für Kinder. Gitterrechen, die man einbauen müsse, um Äste oder Unrat abzuhalten, würden zudem auch die Badenden weiter flussaufwärts gefährden. "Dort", so der Stadtrat, "müsste das Baden dann ganz verboten werden, und im Flussbad selber wären die Schwimmer auch nicht sicher."
Dass der Einbau von Plattformen und Wehren an der Engstelle mehr Hochwassergefahren bringe, stößt dem Gewässerökologen ebenfalls auf. Und: dass man das Millionen-Bad je nach Wetter "an allerhöchstens 60 Badetagen im Jahr" nutzen könne. Damit hatte auch schon die SPD ihr Nein zum Flussbad begründet. Ruff: "Wir können uns das Geld für die nächste Studie dazu sparen, das ist rausgeworfenes Geld."
Die Würm als Alternative
Der Alternativvorschlag der ÖDP: Statt Millionen Euro an der Isar zu verbauen, besser Badebuchten an der Würm zu bauen. Die plätschert - aus dem Starnberger See kommend - elf Kilometer durch Pasing, Obermenzing und Allach-Untermenzing – 70 Zentimeter bis eineinhalb Meter tief. "Die Würm ist sauberer, wärmer und sicherer", sagt Ruff. "Am Pasinger Stadtpark oder an der Behringstraße wäre das einfach zu machen."
Umweltreferentin Stephanie Jacobs (parteilos) hat sich die ÖDP-Kritikpunkte auf AZ-Anfrage angesehen: Die Isar-Wasserqualität werde im Sommer drei, vier Mal überprüft, erklärt sie in einem Antwortschreiben. "Bisher musste in der Isar kein Badeverbot ausgesprochen werden, da die Grenzwerte eingehalten wurden."
Das Schwimmen "in einem Freigewässer sei grundsätzlich Schwimmern vorbehalten", bei normalen Wasserständen sei "ein Schwimmen in der Isar problemlos möglich". Bei den weiteren Plänen würden "Belange wie die Sicherheit, Haftung, Kosten und Naturschutz selbstverständlich vertiefter behandelt". Weiter geplant wird also erstmal sowieso.
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