Protest bei Protestanten
SENDLING - Sie leistet gute Arbeit, ist in ihrer Gemeinde beliebt – doch für Andrea Borger sind ihre Tage als Pfarrerin der Himmelfahrtskirche in Sendling gezählt. Der Grund: Sie hat noch eine andere Funktion – und da läuft es nicht so rund. Andere Pfarrer erheben schwere Vorwürfe gegen Borger. Die Landeskirche prüft – und wenn die Pfarrerin Pech hat, muss sie sich bald einen anderen Job suchen. Viele Mitglieder der Himmelfahrtsgemeinde wollen das nicht akzeptieren.
Jetzt sammelten sie nach dem Gottesdienst Unterschriften – Protest bei den Protestanten. Was sie stört: Die Landeskirche hat gegen Borger ein so genanntes „Nichtgedeihlichkeitsverfahren“ eingeleitet. „Es gibt angeblich erhebliche Vorwürfe von anderen Kirchenmitgliedern“, sagt Conrad Breyer, „aber wir kennen sie nicht.“ Alle Beteiligten dürften sich wegen der Schweigepflicht nicht äußern. Außerdem habe der Kirchenvorstand der Himmelfahrtsgemeinde kein Mitspracherecht. „Das Ganze hat den Geschmack von Mobbing“, sagt Breyer.
Das Problem liegt in der Kirchenhierarchie: Seit 2005 leitet Andrea Borger das Prodekanat München-Süd – darin sind zwölf Münchner Gemeinden vereinigt. Und es ist so, dass der Pfarrer der Himmelfahrtskirche immer auch das Prodekanat leitet. Nun ist „die deutliche Mehrheit der Mitglieder“ im Prodekanat mit Borger unzufrieden, sagt der Sprecher der Landeskirche, Johannes Minkus, auf Anfrage der AZ. „Seit fünf Jahren gibt es dauernde Konflikte – schwierige und sehr belastende Konflikte.“
In solchen scheinbar unlösbaren Fällen kommt laut Kirchenrecht das Nichtgedeihlichkeitsverfahren zum Einsatz: Zwei Juristen hören sich alle Beteiligten an und geben die Gesprächsprotokolle und ihre Einschätzung an die Landeskirche ab. „Dann entscheiden wir, ob Hoffnung auf eine weitere Zusammenarbeit besteht“, sagt Minkus. „Wenn nicht, muss sich Frau Borger auf eine andere Stelle bewerben.“ Sie wurde schon jetzt von diesem Amt suspendiert, das Verfahren werde „noch einige Monate dauern“.
Pfarrei weg –nur weil’s woanders nicht läuft? In Sendling will man das nicht wahrhaben. Die rebellischen Gemeindemitglieder fordern, dass das Verfahren eingestellt wird. Und Borger bleibt. Johannes Minkus versteht die Sorgen: „Wir können das verstehen. Dass sie eine gute Pfarrerin ist, weiß die Kirchenleitung.“ Die Gesetze seien aber nun mal so beschlossen worden. „Es ist schade“, so Minkus. „Aber ich kann das nicht ändern.“
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