Prost: Auf stolze 523 Jahre Reinheitsgebot!
München - So ein Bierbeschauer, der sich zum Probesüffeln aufmacht, der muss sich zusammenreißen: Wein darf er keinen trinken, rauchen darf er nicht und stark gewürztes Essen braucht er auch nicht anlangen. So will es sein Chef, der Herzog, der ein Reinheitsgebot für sein gesamtes Herzogtum erlassen hat. Damals, vor rund 523 Jahren.
Haltaus, 523? Genau. Jetzt weiß die AZ freilich auch, dass heuer überall das Reinheitsgebot als 500-Jähriges gefeiert wird. Aber eine kleine Gschicht gehört dann doch erzählt: Die vom ersten herzoglichen Reinheitsgebot, das 1493 ein Niederbayer in Reichenhall erlassen hat.
Verordnungen zum Brauen gibt es natürlich schon vorher, allerdings bloß lokale: Augsburg gönnt sich schon 1156 eine, München 1363, Nürnberg 1393. Aber erst die Verordnung von Bad Reichenhall ein Jahr nach den Franken hat eine Wirkung in die Fläche. Wenn auch zunächst nur auf ein Stück Bayerns – das damalige Teilherzogtum Bayern-Landshut.
Nachdem die Nachfahren des römisch-deutschen Kaisers Ludwig des Bayern es nicht zusammengebracht haben, das Erbe beieinander zu halten, war das Land geteilt in die Teilherzogtümer Bayern-München, Bayern-Ingolstadt, Bayern-Straubing und eben Bayern-Landshut. Der Herzog in Landshut, Georg der Reiche, verewigte sich nicht nur durch die Landshuter Hochzeit mit der polnischen Königstochter Hedwig, sondern auch durch ein Gebot: das Reichenhaller Reinheitsgebot.
Die Salinenstadt Reichenhall im Berchtesgadener Land gehört wie große Teile östlich des Chiemsees zu seinem Gebiet. Weil es die Stadt grad knapp im Säckel hat, erlaubt der Herzog, Wein, Met und Bier zu besteuern. Bloß: Ein unreines Bier – der Bayer tät sagen: einen Plembl – darf niemand brauen. Es sollen nur Wasser, Malz und Hopfen verwendet werden. Andere Zutaten muss der Stadtrat ausdrücklich genehmigen.
Schon diese Verordnung ist etwas Besonderes. Schließlich hatten sowas eigentlich nur große Residenzstätte. Bemerkenswert ist aber vor allem ihre Wirkung, denn: Neun Tage nach dem Erlass, am 16. Februar 1493, übernimmt Georg die Verordnung fürs ganze Teilherzogtum. Es ist das erste Reinheitsgebot auf herzogliche Anweisung.
Als Bayern dann 1505 nach dem Landshuter Erbfolgekrieg wiedervereint ist, schüttet man die Regelwerke zusammen: Die Herzöge Wilhelm IV. und Ludwig X. lassen in eine Landesordnung vom 23. April 1516 die Brauzutaten Gerste, Hopfen und Wasser schreiben. Ab jetzt gilt’s für alle Bayern. Und das bis heute.
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