Produktions-Stopp auch im Münchner Stammwerk: Wie BMW die Lieferprobleme in den Griff kriegen will

Der Krieg in der Ukraine dauert an, mit Folgen auch für das Autoland Bayern. Der Einbruch ist aber möglicherweise nur von kurzer Dauer.
von  Martina Scheffler, Ralf Müller
Die BMW-Firmenzentrale in München - ab nächster Woche stehen hier die Bänder still.
Die BMW-Firmenzentrale in München - ab nächster Woche stehen hier die Bänder still. © BMW

München - Nun also auch BMW in München: Der Autobauer, der bereits am Dienstag eine Streichung der Produktion im Werk in Dingolfing angekündigt hatte, stoppt jetzt auch die Bänder im Stammwerk in München. Dort sind etwa 7.000 Mitarbeiter betroffen, in Dingolfing 10.000. Grund: Kabelbäume fehlen, die in der Ukraine gefertigt werden.

In der kommenden Woche rechnet BMW nach Angaben einer Sprecherin nicht nur mit weiteren Produktionsunterbrechungen in den Werken Dingolfing, München und Oxford, sondern auch mit Einschränkungen in den Werken Regensburg und Leipzig sowie im Motorenwerk in Steyr.

Angriff auf Ukraine: Auswirkung auf Autobranche

"Zusammen mit unseren Lieferanten bewerten wir die Situation und definieren Maßnahmen, um die Produktion schnellstmöglich wieder abzusichern", heißt es beim Automobilkonzern. "Wir sind mit unseren Lieferanten in intensiven Gesprächen."

Der russische Angriff auf die Ukraine setzt vielen Autobauern zu: Der japanische Autoriese Toyota stellt die Produktion in seinem Werk im russischen St. Petersburg bis auf weiteres ein. Begründung: Störungen der Lieferkette.

Ferdinand Dudenhöffer.
Ferdinand Dudenhöffer. © picture alliance/dpa/dpa-tmn

Auch Volkswagen setzt sein Russland-Geschäft aus. VW betreibt südwestlich von Moskau und im weiter östlich gelegenen Nischni Nowgorod eine Autofertigung. An beiden Standorten werde die Produktion vorerst beendet, teilte das Unternehmen mit. Ebenso sollen keine Autos von Marken aus der VW-Gruppe mehr nach Russland ausgeführt werden. Laut Verband der Automobilindustrie (VDA) produzierten deutsche Hersteller 2021 in Russland 170.000 Autos.

Rutscht die Branche in eine ernsthafte Krise? Ein klares Nein kommt von Ferdinand Dudenhöffer, Leiter des Duisburger Center Automotive Research. "Die Produktion kann man relativ schnell verlagern", sagte er der AZ zum Stopp bei BMW. "Sie brauchen nur eine große Halle und ein bisschen Logistik drumherum, und dann können Sie nach Bulgarien, nach Marokko oder Algerien gehen."

Russland nur ein "Zwerg" für die Autoindustrie

Die gegenwärtige Situation dauere vielleicht noch vier bis sechs Wochen, dann sei sie überbrückt und man könne die Produktion wieder aufholen. "Das ist kurzfristig ein Einbruch, der wehtut." Aber in Ländern wie den USA, wo BMW SUVs fertigt, gebe es das Problem ohnehin nicht. Russland sei zudem ein "Zwerg" für die Autoindustrie. Für den VDA steht dennoch fest: "Es wird zu weiteren Beeinträchtigungen bei der Produktion von Fahrzeugen in Deutschland kommen." Den Umfang könne man noch nicht beziffern. Langfristig werde man mit Knappheit und Preisanstieg bei Rohmaterialien konfrontiert sein.

An eine Art De-Globalisierung in der Branche angesichts von Pandemie und Krieg glaubt Dudenhöffer nicht - also ein Verlagern von Standorten näher an Heimatregionen. Auch bei Rohstoffknappheit sei es der falsche Ansatz, zu sagen, "wir bauen jetzt alles um die eigene Scholle", weil die Kostenstrukturen zu groß seien. "An der Globalisierung führt kein Weg vorbei." Beim VDA heißt es: "Eine Fortsetzung der Produktion an alternativen Standorten liegt im Interesse der Kunden, der Beschäftigten, der Unternehmen und eines starken Wirtschaftsstandorts Deutschland und Europa."

Der Indikator des Ifo-Instituts für die Automobilbranche ging im Februar nach oben - noch ohne Berücksichtigung des Krieges. Der leicht positive Trend "geht weiter", ist Dudenhöffer sicher.

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