Preiskampf in der Münchner Taxibranche: Was der Uber-Chef Christoph Weigler vorschlägt

München - Am Montag will er bei den Münchner Stadtratsfraktionen vorbeischauen, die am Dienstag dann über einen Mindestpreis für Mietwagen entscheiden: Der Münchner Christoph Weigler (42) ist Chef des US-Fahrdienstleisters Uber für Deutschland, Österreich und die Schweiz. Mit der AZ sprach er über Politik, Konkurrenz und die Probleme der Taxibranche in München.
AZ: Herr Weigler, in einem Interview vor einem Jahr haben Sie bezweifelt, dass weitere Städte einen Mindestpreis einführen werden. Am kommenden Dienstag soll das der Kommunalausschuss für München beschließen. Sind Sie überrascht?
CHRISTOPH WEIGLER: Durchaus. Ich wohne ja selber in München. Die Stadt ist schon teuer genug. Dass es politisch als der richtige Weg angesehen wird, Mobilitätsoptionen für Verbraucher deutlich teurer zu machen, das wundert einen schon.
"Das überrascht schon": Uber Deutschland-Chef Christoph Weigler im AZ-Interview
Der Mindestpreis sei eine Reaktion auf den "ruinösen Preiskampf" in der Branche, heißt es von Grün-Rot.
Dieses Argument kann ich nicht nachvollziehen. München ist deutlich die teuerste Taxistadt in ganz Deutschland, Top drei in ganz Europa, habe ich letzte Woche in der Presse gelesen. Jetzt zu sagen, die einzige Möglichkeit, dem Taxi etwas Gutes zu tun, ist, andere Alternativen genauso teuer zu machen, das überrascht schon.
Sie haben andere Vorschläge?
Ich glaube, dass es sehr gute Ideen und Hebel gäbe, das Taxi attraktiver zu machen. Aber Mietwagen teurer zu machen, ist sicher nicht der richtige Weg.
Was sind das konkret für Ideen?
Der ganz große Hebel ist die Preistransparenz und die Flexibilität, die München im Taxisektor eingeführt hat. Ich vergleiche das gerne so: Nutzer der Uber-App sind es nicht gewohnt, im Internet etwas zu bestellen und nicht vorher zu wissen, was es kostet. Die bestellen keine Adidas-Sneaker bei Zalando, wenn eine Preisspanne zwischen 80 und 120 Euro angezeigt wird. So funktionieren Menschen nicht mehr.
Taxipreise in München: Strategien gegen ruinösen Preiskampf
Es gibt in München auch die Möglichkeit, einen Festpreis zu vereinbaren, vor einer Taxifahrt. Das muss vor der Fahrt passieren, und der Preis muss sich am Münchner Taxitarif orientieren. Er darf höchstens 20 Prozent nach oben und fünf Prozent nach unten abweichen, das ist der sogenannte Preiskorridor.
Das ist ein Riesenschritt. Aber München ist aus meiner Sicht nicht weit genug gegangen und hat den Korridor viel zu klein gemacht. Andere Städte wie Frankfurt oder Berlin haben einen viel größeren Korridor.
Dann sind die Preise flexibler.
An einem Dienstagnachmittag, wenn nichts los ist, kann man auch mal günstiger und so attraktiver für preissensible Kunden sein. Zum Oktoberfest kann man eben auch teurer sein.
Wer fährt in München mit dem Taxi aus Ihrer Sicht?
Für den Normalbürger ist es nicht mehr erschwinglich, ein Taxi zu nutzen. Taxis werden in der Regel von Geschäftsleuten genutzt, bei denen die Firma die Kosten übernimmt.
Sie sagen, Sie haben viele Rückmeldungen von Ihrer Kundschaft erhalten.
Wir haben in den letzten vier, fünf Tagen etwa 4500 E-Mails von Nutzern bekommen. Da hat sich nicht vornehmlich der Geschäftsmann gemeldet.
"Sicheres Heimkommen wichtig": Warum Frauen laut Uber-Chef Weigler auf seinen Fahrdienst setzen
Sondern?
Menschen aus allen Altersschichten. Von der Studentin bis zum Rentner. Besonders häufig kamen Nachrichten von zwei Gruppen: Frauen, die sagen, dass sie gerade zu Randzeiten spätabends Uber als sichere Mobilitätsoption nutzen. Ihnen ist ein sicheres Heimkommen in der Nacht wichtig, besonders bei eingeschränktem Nahverkehr.
Und?
Zudem viele Pflegebedürftige oder Menschen mit Behinderung und ihre Angehörigen. Zum Beispiel ein Schwerbehinderter mit einer Gehbehinderung, der uns geschrieben hat, dass er unsere App regelmäßig nutzt und sich die teureren Preise nicht leisten könnte.
Sie würden insgesamt gerne näher mit der Stadt zusammenarbeiten. Wie?
Mein Vorschlag wäre ein runder Tisch mit allen Akteuren, um zu schauen, wie man Taxis attraktiver machen kann. Wir arbeiten in München übrigens schon mit mehr als 1.000 Taxifahrern zusammen. Außerdem würden wir auch gerne diskutieren, wie man die Einhaltung der Gesetze und Vorschriften in den Bereichen Taxi und Mietwagen besser überprüfen kann, zum Beispiel durch einen Datenabgleich.
Ein Aspekt, der wenig diskutiert wird, der jüngst durch eine Heidelberger Studie konkret gezeigt wurde: Der Grund, warum Uber und ähnliche Dienste im Vergleich zu Taxis so viel günstiger sind, ist, dass sie die Fahrten finanziell bezuschussen.
Der Anteil der Fahrten, bei denen der Preis durch werbliche Maßnahmen vergünstigt wird, ist sehr, sehr niedrig. Aktionen gibt es oftmals, wenn wir in einer Stadt neu starten. So wollen wir die Nutzer animieren, unsere App erstmals auszuprobieren.
"Wird nicht mit Preisnachlässen um sich geworfen": Warum Uber-Fahrten in München trotzdem so billig sind
Das passiert aber nicht grundsätzlich?
Deutschland ist weit davon entfernt, ein Markt zu sein, wo hier von Anbietern mit diesen Preisnachlässen um sich geworfen wird.
Wie funktioniert es dann, dass Uber viel günstiger ist als Taxis?
Vor allem durch die hohe Auslastung der Mietwagenunternehmen. Außerdem ist unsere Vermittlungsgebühr deutlich niedriger, als das oft kolportiert wird, gerade von Taxiseite. Das führt dazu, dass die Umsätze, die mit uns erzielt werden, für unsere Partner attraktiv und wirtschaftlich sind.
Am Dienstag soll nun der Stadtrat entscheiden. Wie blicken Sie auf den Tag?
München ist für uns eine unheimlich wichtige Stadt, das sage ich natürlich auch als jemand, der hier lebt.
Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) hat sich ja schon gegen den Mindestpreis ausgesprochen, obwohl der Vorschlag von seiner grün-roten Rathauskoalition kam. Daraufhin wollte seine Fraktion das Thema noch einmal diskutieren. Es scheint also nicht ganz klar zu sein, wie die Stadt entscheidet.'
Ich glaube, es ist in der Vergangenheit einfach zu wenig miteinander gesprochen worden, wie man Probleme in der Branche lösen kann. Mindestpreise sind nicht der richtige Weg.
Sie haben schon anklingen lassen, dass Sie juristische Schritte erwägen, wenn die Stadt am Dienstag den Mindestpreis beschließt.
Wir müssen erst mal abwarten, was genau entschieden wird und wie die Diskussion läuft. Es ist kein Geheimnis, dass wir gesagt haben, dass es aus unserer Sicht extrem hohe rechtliche Hürden gibt, um Mindestpreise einzuführen.