P&R Insolvenz: Gläubigerversammlung in der Olympiahalle

Über 50.000 Menschen wurden von der Containerfirma P&R um ihr Geld gebracht. Jetzt kommen Tausende zur Gläubigerversammlung.
Julia Sextl |
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Großer Andrang bei einer der größten deutschen Gläubigerversammlungen in der Olympiahalle. Viele der Betroffenen sind Rentner.
dpa Großer Andrang bei einer der größten deutschen Gläubigerversammlungen in der Olympiahalle. Viele der Betroffenen sind Rentner.

München - Es könnte mit einem möglichen Schaden von bis zu zwei Milliarden Euro der zweitgrößte Betrugsfall seit 1945 sein, übertroffen nur noch vom Flowtex-Skandal der 1990er Jahre: die Milliarden-Pleite der Investmentfirma P&R aus Grünwald.

Schon am Mittwoch kamen rund 2.500 geprellte Anleger in die Münchner Olympiahalle, wo Insolvenzverwalter Michael Jaffé zu drei Gläubigerversammlungen am Dienstag und Mittwoch eingeladen hat. Knapp 8.000 Gläubiger ließen sich anwaltlich vertreten.

Anleger erfuhren aus der Presse von der Pleite

Einer der Anleger ist Hans Keller (alle Namen geändert). Der 85-Jährige ist eigens aus Kassel angereist, um zu erfahren, wie es nun weitergeht. 240.000 Euro hatte er investiert. "Ich bin Ende 2017 hellhörig geworden", sagt er zur AZ. "Da hieß es in einem Schreiben, die Auszahlung verzögere sich, weil ein Großinvestor zurückgetreten sei." Anfang des Jahres erfuhr er aus der Presse von der P&R-Pleite.

Das Geschäftsmodell der Investmentfirma funktionierte denkbar einfach: Sie ließ ihre Anleger Schiffscontainer kaufen und vermietete diese in deren Auftrag für den Transport von Waren weiter. Die Anleger erhielten dafür feste Mietzahlungen. Drei oder fünf Jahre später, je nach Laufzeit, kaufte P&R die Container zum Restwert zurück.

Lesen Sie hier: Größter deutscher AnlegerskandalContainer-Millionär (75) in Grünwalder Villa verhaftet

Im Fall der Münchnerin Barbara Leiner, 71, bedeutet das: "Ich habe 50.000 Euro investiert und dann innerhalb von fünf Jahren vierteljährlich 1.500 Euro ausbezahlt bekommen – insgesamt 30.000 Euro." Im Januar hätte sie dann 30.000 für den Restwert der Container bekommen sollen. Von dem Geld hat sie nichts mehr gesehen.

Betroffen von der Pleite sind fast ausschließlich Privatanleger, darunter viele Rentner und Pensionäre, die ihre Altersvorsorge aufbessern wollten. Mehr als ein Drittel ist über 70 Jahre alt. "Ich mach’ das seit über 30 Jahren. Das hat ja jahrelang gut funktioniert", sagt Gudrun Steinhauser aus Kassel. Sie hat Hunderttausende investiert – so viel, dass sie die genaue Summe öffentlich nicht nennen mag. Für die 82-Jährige ist der Verlust zwar nicht existenzbedrohend – "ich kenne aber zwei, die jetzt ihr Haus verkaufen müssen".

Zum Zeitpunkt der Insolvenz hatten rund 54.000 Anleger investiert

42 Jahre lang war P&R in dem Geschäft tätig – und jahrzehntelang von Finanzberatern und über Mund-zu-Mund-Propaganda weiterempfohlen worden. Zum Zeitpunkt der Insolvenz hatten rund 54.000 Anleger 3,5 Milliarden Euro investiert. Dann kam heraus, dass viele der Container gar nicht existieren. Anstatt 1,6 Millionen Stück waren nur 618.000 vorhanden. Laut Insolvenzverwalter Jaffé wurde neu eingeworbenes Geld dazu genutzt, um Mietzahlungen und Rückkäufe gegenüber der Altanleger zu finanzieren – ein Schneeballsystem.

Den Anlegern bleibt nun nichts übrig als zu warten. Jaffé erklärte gestern, dass die Container von den Anlegern nicht auf eigene Faust verkauft werden könnten. Ziel sei es, die Vermietung der vorhandenen Container fortzuführen, damit sie weiter Einnahmen bringen. Ein Konkursverfahren würde diese Werte vernichten. So könnte es ab 2020 erste Zahlungen an die Gläubiger geben

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