Posterkönig Roucka: Galerie-Räumung in der Corona-Krise

UPDATE: Der Galerist (79) hat nach seiner Kündigung jetzt drei Wochen Aufschub bekommen, um leerzuräumen.
Dienstag war Stichtag. Bis dahin hätte das Schwabinger Urgestein Wolfgang Roucka (79) seine Galerie am Wedekindplatz räumen sollen – nach der überraschenden Kündigung, die ihm sein Vermieter geschickt hatte. Am Ende aber ist dem Galeristen die Zeit davongelaufen – weil ein Umzug in einen neuen Laden nicht klappte und dann die Corona-Kontaktsperre die Räumung verzögert hat. Noch immer befinden sich Möbel, Grafiken und Rahmen im Geschäft. Pünktlich fertig werden? Unmöglich.
Inzwischen hat sich Rouckas Vermieter gemeldet. "Er hat mir drei Wochen Aufschub gegeben", erzählt der Galerist erleichtert. Nun sucht er einen Partner, der seine Galerie – kombiniert mit einem Kleinkunstcafé – übernehmen will. "Ich wäre in Zukunft gern nur noch Graue Eminenz im Hintergrund", sagt er der AZ.
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München - Als Wolfgang Roucka Montagfrüh um 9.30 Uhr seine Galerie an der Feilitzschstraße aufgesperrt hat, ging es schon los. "Es hat permanent das Telefon geklingelt, Leute bleiben draußen stehen und schütteln den Kopf. Die Nachbarn sind so traurig, das können Sie sich gar nicht vorstellen", erzählt der Schwabinger Poster-König (79) der AZ.
Seit die Abendzeitung am Montag öffentlich gemacht hat, dass das Schwabinger Urgestein seinen legendären Laden und Nachbarschaftstreff zumachen muss (ein Fakt, den Roucka bis zuletzt für sich behalten hat, um eine andere Lösung zu finden) – macht sich rund um den Wedekindplatz Empörung breit. Wie man nur eine Institution einfach so vor die Tür setzen könne, heißt es da. Nach 54 Jahren. Dazu mit so einer knappen Kündigungsfrist von nicht einmal fünf Monaten. Und dann auch noch jetzt, mitten in der Corona-Kontaktsperre.

Roucka: Räumung in der Corona-Krise
Wie berichtet, hat Roucka am 6. November die Kündigung bekommen, nachdem er, so sagt es zumindest Roucka, zuvor bei der Vermieterin angefragt hatte, ob er einen Teil des Ladens zu einem Kleinkunst-Café umbauen darf, das dann ein Partner übernehmen würde. Das Anliegen wurde abgelehnt. "Mit dem Kommentar: Wir sanieren selbst und vermieten es mit der doppelten Miete neu", sagt Roucka.
Stattdessen kam Post: "Zu unserem Bedauern sehen wir uns gehalten, das Mietverhältnis (...) mit Frist zum 31.03.2020 zu kündigen", steht in dem Schreiben. Und: "Die Räumlichkeiten sind zum Mietende leer, sauber, frei von jeglichen Einbauten Ihrerseits wie Einbaumöbeln, Bodenbelägen, Wand- und Deckenverkleidungen und gemäß den vertraglichen Vereinbarungen zu übergeben."

Roucka plante zuerst, in einen leeren Laden in der Haimhauserstraße umzuziehen. Als das Projekt scheiterte, begann er, die Räumung der Galerie mit 500 Grafiken, 1.000 Postern, zig Planschränken, Vitrinen und Hunderten Bilderrahmenmustern vorzubereiten. "Aber dann kam die Ausgangssperre", sagt der 79-Jährige. "Ich habe kein Umzugsunternehmen gefunden, das das jetzt machen will. Und meine Freunde dürfen jetzt auch nicht mehr helfen."
Vermieter ohne Verständnis
Vergangenen Donnerstag setzte der Vermieter in einem Schreiben nach: "An dieser Stelle möchten wir unserer Enttäuschung Ausdruck verleihen, wie Sie die derzeitige Krisensituation schamlos zu Ihrem persönlichen Vorteil gebrauchen", schreibt er. Roucka habe Zeit genug gehabt, für "zeitige Vorbereitungen".

Ob die Kündigung so überhaupt rechtens war? Volker Rastätter vom Mieterverein München sieht es so: Einen Kündigungsgrund müsse ein Vermieter bei Gewerbemietverträgen nicht angeben, aber: "Die gesetzliche Kündigungsfrist bei solchen Mietverträgen sind sechs Monate zum Quartalsende. Das wäre in diesem Fall bei einer Kündigung im November ein Termin Ende Juni 2020 – und nicht Ende März." Als die AZ beim Vermieter nachfragt, sagt der nur: "Kein Kommentar."
Inzwischen bemüht sich Wolfgang Roucka weiter, zu räumen. "Das ist alles nicht zu schaffen, sagt er, und: "Das ist so ein Trauerspiel."
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