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Posten in Koalition aus CSU und Freien Wählern neu vergeben: Justizminister Eisenreich droht überraschendes Aus

CSU und Freie Wähler haben am Mittwoch ihren Koalitionsvertag unterschrieben. Die Freien Wähler erhalten das Digitalministerium. Die Hälfte der Personalentscheidungen ist wohl geklärt.
von  Ralf Müller, Heidi Geyer
Markus Söder (CSU, l.) und Hubert Aiwanger (Freie Wähler) bei der Unterzeichnung des neuen Koalitionsvertrags.
Markus Söder (CSU, l.) und Hubert Aiwanger (Freie Wähler) bei der Unterzeichnung des neuen Koalitionsvertrags. © Peter Kneffel/dpa

München - Die neue bayerische Staatsregierung steht. Am Donnerstag unterzeichneten die Vorsitzenden und Fraktionsvorsitzenden von CSU und Freien Wähler (FW) einen 85-seitigen Koalitionsvertrag, der sich – so CSU-Chef Markus Söder "sehen lassen kann". Zudem wurden schon eine Reihe von Personalentscheidungen bekannt.

Die Zahl der Ministerien in Bayern wird nicht erhöht, aber der Wunsch der FW nach einem weiteren Ministeramt wird dennoch erfüllt: Die bisherige Digitalministerin Judith Gerlach (CSU) macht ihr Amt frei für den bisherigen Parlamentarischen Geschäftsführer der FW Fabian Mehring.

Fabian Mehring.
Fabian Mehring. © Foto: dpa

Die Juristin Gerlach gilt als heiße Kandidatin für das Amt des Justizministers. CSU-Chef Markus Söder befeuerte nach einer gemeinsamen Sitzung von Partei und Fraktion entsprechende Spekulationen: "Richtig große Sorgen" müsse sich Gerlach nicht machen, sagte er. Die Besetzung der Kabinettsposten, die der CSU zustehen, will Söder erst am 8. November bekannt geben.

Die FW warteten nicht so lang. Nach einer Fraktionssitzung verkündeten Parteivorsitzender Hubert Aiwanger und Fraktionsvorsitzender Florian Streibl am Donnerstag die Besetzung der ihrer Partei zustehenden fünf Kabinettsposten. Demnach bleibt Aiwanger Wirtschaftsminister und Vize-Ministerpräsident und Thorsten Glauber Umweltminister. Der bisherige Schulminister Michael Piazolo muss seinen Sessel für die bisherige Staatssekretärin Anna Stolz (ebenfalls FW) räumen.

Hubert Aiwanger (r.), bayerischer Staatsminister und Florian Streibl, Fraktionsvorsitzender.
Hubert Aiwanger (r.), bayerischer Staatsminister und Florian Streibl, Fraktionsvorsitzender. © Lennart Preiss/dpa

Sowohl die CSU als auch die Freien Wähler können ihr Gesicht wahren

Der FW-Abgeordnete Tobias Gotthardt folgt dem bisherigen Staatssekretär im Wirtschaftsministerium Roland Weigert nach, der nach eigenen Angaben mit dem Führungsstil seines Chefs Aiwanger nicht zurechtkam. Die Position einer Staatssekretärin im Kultusministerium wird ersatzlos gestrichen. Dafür wird ein Staatssekretär im Finanz- und Heimatministerium geschaffen, den die CSU bestimmen kann.
 
Mit der gefundenen Lösung können beide Seiten ihr Gesicht wahren. Einerseits erhalten die FW, die bei der vergangenen Landtagswahl um 4,2 Prozent zugelegt hatten, einen weiteren Minister, andererseits bleibt die Zahl der von ihnen gestellten Kabinettsmitglieder wie bisher bei fünf, was wiederum der CSU wichtig war.

Personal-Hammer bei der CSU: Justizminister Georg Eisenreich muss um seinen Posten fürchten

CSU-Chef Söder ist mit dem CSU-Personaltableau nach eigenen Angaben noch nicht so weit. "Ob Sie es glauben oder nicht, ich mache mir sehr tiefgreifende Gedanken darüber", so der alte und mutmaßliche neue Ministerpräsident.

Immerhin ließ Söder schon indirekt durchblicken, dass er auch künftig auf Innenminister Joachim Herrmann, Finanzminister Albert Füracker und Landwirtschaftsministerin Michaela Kaniber setzen wird. Noch nichts Definitives steht hingegen für die Besetzung der CSU-Ressorts Justiz, Bau und Verkehr, Gesundheit, Soziales sowie Wissenschaft und Kunst fest.

Die Personalfindung innerhalb der CSU gestaltet sich jedoch weitaus komplizierter als bei den Freien Wählern, weil mehr Interessen unter einen Hut zu bringen und mehr Personen einzubinden sind. Außerdem muss die CSU den komplizierten Regionalproporz berücksichtigen, damit sich jeder CSU-Bezirk in der neuen Staatsregierung einigermaßen vertreten fühlt.

Nach AZ-Informationen schlägt der Proporz im Kabinett bei der CSU jedoch grausam zu. So soll Justizminister Georg Eisenreich um seine Position fürchten müssen, weil ohnehin mit Markus Blume schon zwei Münchner im Kabinett einer zu viel sind. Als Nachfolgerin wird die bisherige Digitalministerin und Unterfränkin Judith Gerlach gehandelt, die sich laut Söder keine "richtig großen Sorgen" machen müsse.

Georg Eisenreich (CSU), war bisher Justizminister von Bayern – droht ihm das Aus?
Georg Eisenreich (CSU), war bisher Justizminister von Bayern – droht ihm das Aus? © Sven Hoppe/dpa

Für Europaministerin Melanie Huml aus Oberfranken könnte es eng werden. Mögliche Nachfolger: Michael Hofmann oder Martin Schöffel. Eine Idee wäre das Finanz- und Heimatministerium von Albert Füracker mit einem Staatssekretär auszustatten. Zumal sich für Gesundheit insgesamt niemand aufdrängt. Holt Söder womöglich die Pflege-Expertin Emmi Zeulner aus dem Bundestag ins Kabinett? Doch es braucht auch einen Schwaben. Infrage käme beispielsweise Eric Beißwenger als Europaminister.

Wünsche der Amtsinhaber schimmern durch

Neue Ministerien werden nicht geschaffen, wohl aber werden Zuständigkeiten verlagert, welche zum Teil den Wünschen und Präferenzen der Amtsinhaber geschuldet sind. So wandert die Zuständigkeit für das Jagdwesen und für den Staatsbetrieb "Staatsforsten" vom Landwirtschaftsministerium zum Ressort des passionierten Jägers und auch künftigen Wirtschaftsministers Aiwanger hinüber.

Der muss allerdings im Gegenzug auf seine Zuständigkeiten für Tourismus, Gastronomie und Hotellerie verzichten, was ihm auch nicht leicht gefallen sein dürfte, aber die alte und neue Landwirtschaftsministerin Kaniber "recht erfreut" (Söder). Der künftige Digitalminister Mehring muss auf die Zuständigkeit für das Filmwesen zugunsten der Staatskanzlei verzichten.

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AfD als stärkste Oppositionsfraktion: "Legislaturperiode wird nicht einfach"

Söder bestätigte, dass der Zuschnitt und die Aufteilung der Ressorts der schwierigste Part in den nur zwei Wochen dauernden Personalentscheidungen gewesen seien. Sechs Stunden saß der engste Führungszirkel der beiden Parteien am vergangenen Mittwoch in der Staatskanzlei zusammen.

Viel leichter sei es gewesen, einen Konsens für die "Präambel" zu finden, die auf Wunsch der CSU dem Koalitionsvertrag vorangestellt ist. Daran bekräftigen CSU und FW ihr Bekenntnis zu Demokratie und Rechtsstaatlichkeit und gegen Hetze, Rassismus und Antisemitismus. Die Präambel sei wichtig, weil die kommende Legislaturperiode nicht einfach sein werde, sagte der CSU-Fraktionsvorsitzende Klaus Holetschek mit Blick auf die AfD, die im neuen Landtag stärkste Oppositionsfraktion sein wird.

Noch reibungsloser verlief laut Söder die Festlegung auf die politischen Inhalte der kommenden fünf Jahre, weil es keine ideologischen Gegensätze zwischen den Partnern gebe, betonte Söder.

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