Posse um Ur-Giesinger und Löwen-Fan Roland Hefter: Illegale Wahlwerbung am Giesinger Grünspitz

Was als Goodwill-Aktion gemeint war, sorgte für Irritationen und Reaktionen: Am Giesinger Grünspitz muss erst ein Banner weg und dann ein Schild übermalt werden. Was die Beteiligten dazu sagen.
von  Guido Verstegen
"Jetzt hod der "Roland" a weißes Hosal o", kommentiert Tscho Zintl seine Korrektur.
"Jetzt hod der "Roland" a weißes Hosal o", kommentiert Tscho Zintl seine Korrektur. © privat

München - Irgendwie hatte man das Gefühl, alle wollen was Gutes, doch am Ende entwickelte sich das Ganze zu einer kuriosen Wahlkampf-Posse – auch wenn sich die Beteiligten hernach aussprachen und Unklarheiten beseitigten.

Alles begann damit, dass Joseph Xaver Zintl, besser bekannt als "Tscho", am Giesinger Grünspitz auf der Rückseite des Klohäusls ein von ihm kreiertes dunkelblaues Banner aufhängte (AZ berichtete).

Illegale Wahlwerbung am Giesinger Grünspitz, dem beliebten Treffpunkt der Löwen-Fans: Das Graffiti-Banner mit dem stilisierten Sechzig-Anhänger und SPD-Landtagskandidaten Roland Hefter musste weg.
Illegale Wahlwerbung am Giesinger Grünspitz, dem beliebten Treffpunkt der Löwen-Fans: Das Graffiti-Banner mit dem stilisierten Sechzig-Anhänger und SPD-Landtagskandidaten Roland Hefter musste weg. © privat

Darauf prangte das Konterfei des SPD-Stadtrats und TSV-1860-Fans Roland Hefter, dargestellt als kickender Löwe mit Gitarre. Zu lesen war da der Slogan "No Rassismus No Nazis".

Zintl über Hefter: "Es war mir einfach ein Bedürfnis, ihn zu unterstützen"

Gefragt hat der Künstler – er ist Ur-Giesinger, 1860-Sympathisant und Hefter-Spezl – vorher allerdings niemanden. Es gefalle ihm einfach, was da am Grünspitz entstanden sei. Und: "Ich kenne den Roland ewig, schon aus Zeiten, als ihn seine Eltern als Bub zu den Naturfreunden mitgenommen haben. Es war mir einfach ein Bedürfnis, ihn zu unterstützen – schließlich trägt er das Herz auf der Zunge und spricht all die Dinge offen aus, bei den anderen den Allerwertesten zusammenzwicken."

Roland Hefter wusste von der geplanten Aktion seines Kumpels nach eigenen Angaben nichts, freute sich aber natürlich "riesig".

So sah der Eingang vom Grünspitz vor Tscho Zintls Einschreiten aus.
So sah der Eingang vom Grünspitz vor Tscho Zintls Einschreiten aus. © privat

Das Banner blieb erst einmal hängen (nachdem es endlich überhaupt entdeckt worden war), und die AZ schob eine kleine Kooperation an, weil Zintl doch so gerne das verschandelte Eingangsschild am Grünspitz neu gestalten wollte.

Green-City-Sprecherin: "Grundsätzlich ist der Grünspitz ein Platz für alle"

In Rücksprache mit den Grünspitzlern und als Mann der Tat hängte der 80-Jährige das neue Eingangsschild am vergangenen Mittwoch gleich auf und legte am darauffolgenden Tag (14. September) noch einmal Hand an.

"Der Grünspitz liegt mir am Herzen, weil ich ein Ur-Giasinger bin!", sagt Tscho Zintl über sein Geschenk.
"Der Grünspitz liegt mir am Herzen, weil ich ein Ur-Giasinger bin!", sagt Tscho Zintl über sein Geschenk. © privat

Es stellte sich heraus, dass das erste Banner bereits seit einigen Tagen nicht mehr hängt – und auch das neue Eingangsschild sorgte für Irritationen.

"Grünspitz auf städtischem Boden": Keinerlei Wahlwerbung erlaubt

Warum das? Eine Sprecherin von Green City – der Verein koordiniert das gesamte Tun rund um die 2.000 Quadratmeter große Grünfläche mit ihrem kulturellen Angebot und ihrem Kiosk – bringt im Gespräch mit der AZ Licht ins Dunkel. "Grundsätzlich ist der Grünspitz ein Platz für alle, und wir freuen uns über jede Unterstützung bei der Verschönerung. Wir leben von Partizipation und von ehrenamtlichem Engagement", sagt sie.

Silvia Gonzalez, Leitung Urbanes Grün bei Green City, habe allerdings erst nach ihrem Urlaub vom Banner am Klohäusl und dann auch etwas verspätet vom neuen Schild am Eingang erfahren. Das Banner wurde daraufhin abgehängt und eingelagert, das Schild sollte dann entfernt oder übermalt werden.    

Man habe in diesen Fällen nicht anders handeln können, sagt die Sprecherin. "Wir haben zwar das Hausrecht auf dem Platz, aber der Grünspitz befindet sich auf städtischem Boden. Und deshalb dürfen wir aus rechtlichen Gründen gerade in den sensiblen zwei Wochen vor der Landtagswahl keine Wahlwerbung auf diesen Flächen zulassen. "Es tut uns für den Künstler leid, aber als gemeinnütziger Verein haben wir Rahmenbedingungen, an die wir uns halten müssen und halten werden."

Das Grünspitz-Gelände an der Tegernseer Landstraße/Ecke Martin-Luther-Straße, das einst ein Autohändler nutzte, ist seit neun Jahren in öffentlicher Hand. Im Rahmen des Programms Soziale Stadt startete das Projekt, als Zwischennutzung befindet es sich "in einer Art Übergabe an das Baureferat der Landeshauptstadt München",  heißt es auf der Website von Green City.

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Zu den Auflagen zur Aufstellung von Plakatständern und Plakaten vor Wahlen informiert die Stadt ausführlich und teilt unter anderem mit: "Die Erlaubnis gilt nicht für das Aufstellen von Plakatständen und Plakaten in öffentlichen Grünanlagen, Fußgängerzonen oder in Marktbereichen. Am Platz der Opfer des Nationalsozialismus besteht ein Plakatierungsverbot."

Am Ende gab ein kleines, auf die Hose des mit einer Gitarre bewaffneten 1860-Löwen gemaltes "Roland" den Ausschlag. Damit könne doch genauso gut Roland "Magic" Kneißl gemeint sein, der Sechzig-Kultspieler der 1990er Jahre, echauffierte sich Roland Hefter via Instagram: "Weil da Roland steht, sagen die, das ist illegale Wahlkampfwerbung, das geht so nicht, das muss übermalt oder überklebt werden. Das musst du dir mal vorstellen!"

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Der 55-Jährige kandidiert für seine Partei für den Bayerischen Landtag und wird auf Listenplatz 58 geführt. Hefter-Wahlplakate sucht man in der Stadt vergeblich. 

Urheber des Hefter-Plakats und des neuen Eingangsschilds am Giesinger Grünspitz: Ur-Giesinger Joseph Xaver "Tscho" Zintl.
Urheber des Hefter-Plakats und des neuen Eingangsschilds am Giesinger Grünspitz: Ur-Giesinger Joseph Xaver "Tscho" Zintl. © privat

Künstler und Green-City-Verantwortliche haben sich die Hände gereicht und das Kapitel abgeschlossen. Tscho Zintl: "Alles ist in Ordnung, alles ist friedlich. Ich bewundere ja auch die Arbeit, die da geleistet wird, damit wir unsere grünen Inseln in der Stadt behalten. Man soll da wegen so einem Pipifax keine schlechte Stimmung produzieren, das wäre ja ganz ein schlechter Scherz."

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