Poschinger-Prozess: „Die Kinder halten Kontakt zum Vater“

Es ist bewegend, was die Witwe (36) des Opfers vor Gericht berichtet – etwa wie ihre Töchter (8 und 6) dem toten Papa noch immer auf die Mailbox sprechen. Und der Angeklagte sagt nur: „Ich bin unschuldig“
Abendzeitung |
X
Sie haben den Artikel der Merkliste hinzugefügt.
zur Merkliste
Merken
0  Kommentare
lädt ... nicht eingeloggt
Teilen  AZ bei Google News
Angeklagter Rainer H.
Polizei Angeklagter Rainer H.

MÜNCHEN - Es ist bewegend, was die Witwe (36) des Opfers vor Gericht berichtet – etwa wie ihre Töchter (8 und 6) dem toten Papa noch immer auf die Mailbox sprechen. Und der Angeklagte sagt nur: „Ich bin unschuldig“

Im Schwurgerichtssaal 101 ist es plötzlich ganz still. Daniela von Poschinger-Camphausen (36) spricht jetzt über ihren ermordeten Mann Dirk (†35). Sie sagt: „Er liebte seine Familie über alles. Um unsere beiden Töchter war er sehr besorgt. Er wollte, dass es seinen ,drei Mädels’, so nannte er uns, gut geht.“

Dirk von Poschinger-Camphausen ist am 14. Januar 2009 erschossen worden – laut Anklage von Hausmeister Rainer H. (40). Das Motiv: Der Angeklagte wollte den Audi A8 des Managers im Wert von 50000 Euro rauben.

Nun tritt die Witwe im Prozess gegen H. tapfer als Zeugin vor Gericht auf. Sie erzählt von ihren Kindern. Lisa (8) und Lena (6, Namen geändert) wissen, dass ihr Papa tot ist. „Wir reden oft über ihn“, sagt die studierte Sozialpädagogin. „Über eine Mailbox halten die Kinder Kontakt zum Vater.“

Immer wenn die Mädchen ihrem Papa etwas erzählen wollen, drücken sie eine Kurzwahl-Taste am Festnetztelefon. Automatisch wird dann das Handy ihres Vaters angewählt. Seine Stimme ist noch immer auf der Mailbox-Ansage zu hören. Die Mutter: „Die Jüngste hat damit irgendwann einmal angefangen. Dirk sagt seinen Namen und man kann eine Nachricht hinterlassen. Die Kinder sagen: ,Ich habe ihn angerufen und ihm was erzählt’.“

Der Angeklagte Rainer H. sitzt nur ein paar Meter von Frau von Poschinger-Camphausen entfernt. Er senkt den Kopf, macht sich Notizen und sagt gleich am Anfang: „Ich bin unschuldig. Das war’s.“

Dafür spricht die Witwe von Dirk von Poschinger-Camphausen. Sie sagt: „Wir waren 1991 im Internat in einer Klasse. Seit 1994 sind wir zusammen. Noch vor dem Abitur.“ 2000, nach der Uni gehen sie nach London. Ihr Mann arbeitet als Analyst beim Bankhaus JP Morgan. 2002 die Hochzeit. Ihre Töchter werden in der Schweiz geboren.

2005 geht’s zurück nach Deutschland. In Frankfurt jobbt von Poschinger-Camphausen bei der Dresdner Bank, wechselt zu Morgan Stanley. Es geht aufwärts. In München findet er als Manager bei EQT, eine in Nordeuropa und Asien tätigen Investmentgruppe, seinen Traumjob. „Er hatte endlich die Wochenenden frei, konnte sich um seine Familie kümmern. Wir vier waren uns genug“, sagt die Witwe. Dirk von Poschinger-Camphausen war sportlich aktiv: Surfen, Snowboarden, Tennis. „Er war sehr ehrgeizig“, sagt die Witwe.

Bei einer Auktion ersteigerte der Manager einen fast neuen Audi für 27000 Euro. Die Ehefrau sagt: „Der hatte innen helles Leder. Ich sagte ihm, dass da die Kinder mitfahren und auch mal ein Brötchen essen werden. Dirk ist sehr penibel. Er hatte es nicht so gern, dass der Audi zum Familienwagen wird.“

Darum bietet von Poschinger-Camphausen das Fahrzeug Ende 2009 im Internet zum Verkauf an. Der mutmaßliche Käufer, so die Staatsanwaltschaft, habe den Manager dann getötet. Der Prozess dauert an. Torsten Huber

Lädt
Anmelden oder registrieren

Zum Login
Zu meinen Themen hinzufügen

Hinzufügen
Sie haben bereits von 15 Themen gewählt

Bearbeiten
Sie verfolgen dieses Thema bereits

Entfernen
Um "Meine AZ" nutzen zu können, müssen Sie der Datenspeicherung zustimmen.

Zustimmen
 
0 Kommentare
Bitte beachten Sie, dass die Kommentarfunktion unserer Artikel nur 72 Stunden nach Veröffentlichung zur Verfügung steht.
Noch keine Kommentare vorhanden.
merken
Nicht mehr merken
X

Sie haben den Inhalt der Merkliste hinzugefügt.