Pollenflug: Immer früher, immer schlimmer
Es ist herrliches Sonnen- Wetter – doch ganz viele Münchner müssen leiden: Viele Allergiker stöhnen seit Wochen wegen laufender Nasen und tränender Augen. Was man im Alltag beachten sollte.
Wer das Pech hat, auf Erle oder Hasel allergisch zu sein, für den begann heuer die Qual ungewöhnlich früh, im Januar, also noch mitten im Winter. Auch die Birkenpollen werden dieses Jahr rund vier Wochen früher als gewohnt Empfindlichen das Leben schwer machen – also bereits ab März statt früher im April.
Während zur Zeit die einen noch mit ihrer Wintergrippe kämpfen, leiden andere bereits aus ganz anderen Gründen unter Niesreiz, Schnupfen und Atemnot.
Auch eine Folge des Klimawandels
Warum startet die Leidenszeit für Allergiker immer früher? „Was in der Klima-Diskussion leider noch viel zu kurz kommt, ist die Tatsache, dass der Temperaturanstieg extrem starke Auswirkungen auf unsere Gesundheit haben wird“, warnt Johannes Ring, Allergologie-Professor an der Hautklinik Biederstein der TU München.
Neben einem Anstieg von Hautkrebs und Infektionskrankheiten befürchtet der Mediziner besonders für Pollen- Allergiker dramatische Folgen: Bisher saisonale Allergien wie Heuschnupfen und allergisches Asthma könnten schon in naher Zukunft zu einem ganzjährigen Problem werden. Ein Albtraum für alle Allergiker.
„Anfang der 80er Jahre, als wir den Polleninformationsdienst Bayern aufgebaut haben, wurde nur von April bis Oktober gemessen“, sagt Ring. Von Spätherbst bis zum Frühjahr war dann erst mal Pause: „Heute gibt es häufig bis Dezember Kräuterpollen in der Luft.“ Und kurz darauf starten oft schon wieder die Pollen der Frühblüher.
Blütezeit bis zu 14 Tage verlängert
Dieser Trend wird durch die Forschungsergebnisse des Wissenschaftszentrums der TU München eindrucksvoll bestätigt: Der Lehrstuhl für Ökoklimatologie konnte mittlerweile wissenschaftlich nachweisen, dass sich die Blütezeit der pollentragenden Pflanzen in Europa in den letzten 30 Jahren im Durchschnitt um zehn bis 14 Tage verlängert hat – bei einigen Pflanzen sogar um bis zu fünf Wochen.
Die Langzeitstudien über die Auswirkungen des Klimawandels wird durch das Weltstrahlenzentrum Davos bestätigt: Seit 1840 erfolgen hier täglich genaue Messungen. Das Ergebnis ist eindeutig: Der Temperaturanstieg der letzten 30 Jahre entspricht nicht normalen Schwankungen – er ist vielmehr Folge der Umweltverschmutzung. Und je wärmer es ist, desto mehr Allergene produziert eine Pflanze. „Die Pollen fliegen aber nicht nur länger und in größeren Mengen, sondern sie werden noch dazu immer aggressiver“, warnt Johannes Ring.
Auch daran ist der Mensch schuld oder besser gesagt, seine Verkehrspolitik: Die Forscher um Heidrun Behrendt, Leiterin des Zentrums Allergie und Umwelt der TU München, konnten nachweisen, dass Pollen durch die Abgase des Autoverkehrs dazu angeregt werden, noch mehr entzündungsfördernde Stoffe freizusetzen.
Eine weitere Gefahr droht
Allein seit 1990 ist die Allergiehäufigkeit in Deutschland um 70 Prozent gestiegen – rund zwölf Millionen Menschen leiden an Pollenallergien. Bald könnten die Zahlen noch einmal kräftig steigen. Denn Ring sieht noch eine weitere Gefahr: Bereits in naher Zukunft könnte aufgrund des milderen Klimas in Bayern das berüchtigte „Ragweed“ (Traubenkraut) mit seinen extrem aggressiven Pollen flächendeckend heimisch werden und für einen weiteren dramatischen Anstieg bei Allergien sorgen.
Übrigens: „Kein Allergiker sollte den Helden spielen und zum Beispiel Atembeschwerden, Juckreiz oder einen asthmatischen Anfall ohne Medikamente aushalten“, warnt Ring. Wer gerade bei Asthma den Einsatz von Medikamenten vermeiden will, bewirkt genau das Gegenteil: Durch jeden Anfall verstärkt sich die Entzündungsreaktion der Bronchien und damit die Beschwerden.
Welche Verhaltensregeln Ihnen Linderung verschaffen können, welche Therapien gegen Heuschnupfen, Asthma und Co. wirksam sind, lesen Sie hier:
Möglichst jeden Kontakt mit Pollen meiden
Abends vor dem Schlafen die Pollen mit lauwarmem Wasser aus den Haaren waschen.
Getragene Kleider aus den Wohn- und Schlafräumen verbannen.
Bei starkem Pollenflug Aktivitäten und Sport im Freien vermeiden.
Nur zu pollenflug-armen Zeiten lüften: In der Stadt zwischen drei Uhr nachts und neun Uhr morgens.
Staubsauger mit Pollen- Spezialfiltern verwenden.
Auf Freizeit- und Urlaubsplanung achten
Im Hochgebirge ist die Allergenbelastung deutlich geringer, auch am Meer und auf vielen Inseln. Vor der Buchung immer genau über Art und Stärke des lokalen Pollenflugs informieren.
Wo fliegt gerade was und wie stark?
Polleninfos
Unter www.dwd.de oder Tel. 09 00/111 54 94 (kostenpflichtig) und europaweit unter www.polleninfo.org.
Weitere Infos und Beratung beim Deutschen Allergie- und Asthmabund am Di, Mi und Do von 9.30 bis 12.30 Uhr: Tel: 02 161/10 20 7 und www.daab.de im Netz.
Michael Backmund
- Themen:
- Technische Universität München
- Wetter