München - Münchner Polizisten sollen jahrelang auf Kosten der Steuerzahler beim MVV schwarzgefahren sein. Im Präsidium werden etliche verdächtige Beamte überprüft, die subventionierte Sondernetzkarten benützt haben sollen – ohne dafür zu bezahlen.
Polizisten in Uniform dürfen in München generell kostenlos in öffentlichen Verkehrsmitteln mitfahren. Beamte in Zivil können für gut 20 Euro im Monat eine so genannte Sondernetzkarte abonnieren.
Sie gilt im gesamten MVV-Gebiet. Die Sondernetzkarte für Polizisten gilt auch bei der Bayerischen Oberlandbahn, der Vogtlandbahn und in den Zügen der Deutschen Bahn. Zum Vergleich: Ein Normalbürger bezahlt beim MVV für die Isar-Card Gesamtnetz monatlich knapp 130 Euro.
Einmal ausgestellt, sind die Sondertickets vier Jahre gültig. Die monatlichen Kosten werden den Beamten direkt vom Gehalt abgezogen. Ende 2011 stellte der MVV das System um.
Schrittweise wurden neue Ausweise aus Plastik ausgegeben. Dabei fiel auf, dass eine Menge alter Karten verschollen sind. Nach einer internen Überprüfung durch die Personalabteilung im Polizeipräsidium, kurz P2, kam der Verdacht auf, dass bei manch einem Kollegen etwas nicht stimmt. Offiziell spricht man von 60 Fällen. Die Ermittlungen laufen. „Bei ihnen besteht der Verdacht“, sagt ein Polizeisprecher, „dass sie den Eigenanteil steuerlich nicht abgeführt haben.“
Soll heißen, die Polizisten haben das Finanzamt hintergangen. In einem Brief an die AZ berichtet ein Polizist sogar von 120 Fällen. „P2 unterstellt den besagten Kollegen, dass diese die Marken unrechtmäßig und ohne zu bezahlen benutzt hätten“, schreibt er. Das würde, so der Beamte, den Tatbestand des Betrugs erfüllen. Den internen Ermittlern dürfte es schwer fallen, den betreffenden Polizisten nachzuweisen, dass sie tatsächlich schwarz gefahren sind.
Manche behaupten, sie hätten die Karten verloren oder verlegt. Andere sagen, sie hätten sie längst abgegeben. Doch darüber gibt es im Präsidium keine schriftlichen Unterlagen.
Manche erklären, sie hätten die Karten nicht benützt, seien im Sommer lieber geradelt, hätten Urlaub gehabt oder seien krank gewesen. Der Personalabteilung gehe es nur darum, von der jahrelangen eigenen Schlamperei abzulenken, behauptet der Polizist. Aus Furcht vor Repressalien will er seinen Namen nicht in der Zeitung lesen.
Er schäme sich, dem Präsidium anzugehören, schreibt er in seinem Brief. Es werde massiv auf Polizisten Druck ausgeübt, behauptet er. Angeblich wurde verdächtigen Beamten mit Disziplinarverfahren gedroht. Das wird im Präsidium bestritten. Angeblich soll Polizisten sogar das Gehalt gepfändet worden sein. Von monatlich 100 Euro ist in dem Brief an die AZ die Rede. Bei einigen Beamten verlange die Personalabteilung angeblich Nachzahlungen für die zurückliegenden zwölf Jahre. Bis zu 2800 Euro soll mancher Polizist überweisen. Insgesamt, so der Beamte, gehe es um einen Summe in Höhe von 120000 Euro.