Polizist entlässt sich selbst aus dem Dienst
MÜNCHEN - 2007 hatte er einer Toten die Geldkarte geklaut und am Bankautomaten 2000 Euro gezogen - bevor das Verwaltungsgericht über seine Entlassung urteilen konnte, hat er die Entscheidung selbst in die Hand genommen.
Vielleicht wären die Dinge anders gelaufen, wenn Markus M. (Name geändert) nicht der erste Polizist gewesen wäre, der am Tatort war.
Vielleicht wäre er dann an diesem Märztag im Jahr 2007 in der Sendlinger Wohnung nicht in Versuchung gekommen – die Versuchung, am Schauplatz des Verbrechens ein weiteres Verbrechen zu begehen. Fakt ist aber: Er war der erste. Statt seinen Job zu machen, stahl er der toten Frau ihre Geldkarte. Suchte in der Wohnung nach der Geheimzahl. Und zog sich am Bankautomat 2000 Euro.
In einem Strafverfahren bekam er bereits 10 Monate auf Bewährung, in dem Prozess vor dem Verwaltungsgericht am Montag ging es um seine Entlassung aus dem Dienst.
"Wenn du dich scheiden lässt, siehst du unsere Tochter nie wieder!"
Still sitzt er auf seinem Stuhl und berichtet nur zögerlich von den Umständen, die die Tat erklären sollen und es doch nicht können.
1993 begann er seine Karriere als Polizeimeisteranwärter, 2002 folgt das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit, 2007 wird er zum Polizeihauptmeister befördert. Mit seiner privaten Karriere hingegen geht es bergab: 2004 heiratete er seine Frau, im Laufe der Jahre bekam die harmonische Beziehung große Risse. Sie leidet an Borderline-Persönlichkeitsstörung, schreit ihn an, schlägt ihn sogar, droht: „Wenn du dich scheiden lässt, siehst du unsere Tochter nie wieder!“ Sie verbietet dem 34-Jährigen, seinen Sohn aus einer früheren Beziehung zu sehen.
2005 wird ihm der Ehestress zu viel, dazu kommen Schulden. Markus M. schneidet sich die Pulsadern auf. Er überlebt, der Psychologische Dienst der Polizei wird es später einen „Hilferuf“ nennen. Trotzdem: eine Psychotherapie folgt nicht. Zum Zeitpunkt der Tat sei er in einer schlechten Verfassung gewesen: „Ich kann mich an kaum etwas aus dieser Zeit erinnern.“
"Von der Tat weiß ich fast nichts mehr"
Doch: Was hat das mit der Tat zu tun? „Eheprobleme machen Sie nicht schuldunfähig“, stellt die Richterin fest. Er weicht aus: „2007 ging es mir schlecht – vom Zeitraum der Tat weiß ich fast nichts mehr.“ Auch sein Anwalt kann keinen logischen Zusammenhang zwischen den Eheproblemen und dem Dienstvergehen erklären.
Nach mehreren Beratungspausen gab die Richterin ihren Vorentscheid bekannt: „Wir werden der Klage auf Entlassung aus dem Dienstverhältnis wohl stattgeben. Das Vertrauensverhältnis ist als so zerrüttet anzusehen, dass weder dem Dienstherrn noch der Öffentlichkeit zuzumuten ist, den Beklagten weiter zu beschäftigen.“
Markus M. sieht ein, dass er nicht weiter als Polizist arbeiten kann und kommt dem Gericht zuvor – er beantragt seine eigene Entlassung. Dem Antrag wird stattgegeben.
kasa
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