Polizist am Hauptbahnhof niedergestochen: Keine Reue beim Angeklagten
München - "Wut, Angst und eine tiefe Traurigkeit", so beschreibt Polizist Jan P. (31, Namen geändert) seine Gefühle, als er sich nach einer Messerattacke am Hauptbahnhof auf dem Boden liegend wiederfand. Alles kam auf einmal hoch: "Es war eine intensive Mischung." Tausend Gedanken seien ihm in diesem Moment durch den Kopf gegangen.
Traurig sei er gewesen, weil er an all die Dinge denken musste, die er nun nicht mehr erleben würde, wenn er sterben müsste.
Motiv: Hass und pure Verzweiflung
Im Prozess um den Messerangriff auf Jan P. hat der 24-jährige Beschuldigte Peter B. gestern vor Gericht keine Reue gezeigt. Aus Hass und purer Verzweiflung habe er den Beamten angegriffen und ihm im Münchner Hauptbahnhof von hinten ein Küchenmesser in den Nacken gerammt. Jetzt muss er sich wegen versuchten Mordes verantworten.
Der Mann leidet an paranoider Schizophrenie, soll auf Antrag der Staatsanwaltschaft in der Psychiatrie untergebracht werden. Er selber sagt, Stimmen hätten ihm befohlen, einen Polizisten anzugreifen.
Die Staatsanwaltschaft spricht in ihrem Antrag von "Hass auf Polizisten" bei dem 24-Jährigen. Er habe sich zu diesem Zweck mit einem Küchenmesser in den frühen Morgenstunden des 9. Dezember 2019 ausgerüstet und sei zum Hauptbahnhof gelaufen. Die Ermittler glauben, dass er einen beliebigen Polizisten erstechen wollte, um danach selber erschossen zu werden.
Der Täter habe ihn noch beobachtet, als er verletzt am Boden lag, erinnert sich der Polizist. Der Angreifer habe dabei wie ein ratloses Kind mit aufgerissenen Augen und offenem Mund, aber emotionslos ausgeschaut.
Polizist: Weiterhin Sorge um Gesundheitszustand
Tatsächlich wirkt der Mann auf der Anklagebank eher schmächtig, jugendlich. Sein Opfer ist einen Kopf größer. Der Täter war dem Polizisten von hinten auf den Rücken gesprungen, als dieser mit einer Personenkontrolle beschäftigt war. Dann habe Peter B. zugestochen. Die Klinge blieb im Nacken stecken. Jan P. spürte einen "dumpfen Schlag" und fiel zu Boden.
Der Beamte erlitt eine acht Zentimeter tiefe Wunde und musste notoperiert werden. Während er nach dem Angriff zunächst nur die linke Hand bewegen konnte, habe er überraschend schnell Fortschritte gemacht, sagt 31-Jährige. Auch psychisch komme er inzwischen gut klar. Er mache sich aber weiter Sorgen um seinen Gesundheitszustand.
Seit Mitte September ist Jan P. wieder im Polizeidienst, allerdings nicht mehr auf Streife. Das schaffe er körperlich nicht. Der Prozess dauert an.
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