Polizeipräsident: "Wir haben eine hohe Schlagkraft"

München - Welche Lehren hat die Münchner Polizei aus dem Amoklauf am OEZ gezogen, wie wichtig sind die Auslandsgeheimdienste für unsere Sicherheit? Im Presseclub München ließ Polizeipräsident Hubertus Andrä (60) gestern das Jahr 2016 Revue passieren und gab auch einen Ausblick aufs kommende.
Terror-Alarm an Silvester
Das Jahr 2016 fing schon gut an: Vier Stunden vor Mitternacht kam die Warnung, am Hauptbahnhof und am Pasinger Bahnhof seien Bombenanschläge geplant. Letztlich war nichts dran, deshalb erlaubt sich Andrä heute darüber zu scherzen: „Der Zeitpunkt war insofern günstig, als der Champagner noch im Kühlschrank stand und viele Kräfte schnell verfügbar waren.“
Kölner Übergriffe
Sind Übergriffe wie in der Kölner Silvesternacht auch bei uns möglich? Der Münchner Polizeipräsident meint nein: Unsere Polizei sei reaktionsschneller. „Wir haben rund um die Uhr einen höheren Beamten im Einsatz, der in der Lage ist, sehr schnell zu entscheiden“ – und Kräfte zusammenzuziehen. „Das ist unsere Schlagkraft!“ Dann wird der Polizeipräsident parteipolitisch: „Wir haben auch eine andere politische Haltung. Ich bin überzeugt, dass unser Innenminister nie derart Kritik an der Polizei üben würde.“ In Bayern könne sich zudem „niemand darauf ausruhen, dass ein Vorgänger eine Entscheidung getroffen hat. In Bayern ist die Verantwortung immer die gleiche, da die Regierung die gleiche ist“.
Eindeutige Erkennbarkeit
In der Amoknacht am OEZ waren viele bewaffnete Beamte in Zivil unterwegs, die für Bürger als Polizisten nicht erkennbar waren (AZ berichtete). „Die Erkennbarkeit muss gewährleistet sein“, sagt Andrä. „Da müssen wir eine Lösung finden.“
Der Einsatz habe aber gezeigt, welch „konkrete Schlagkraft“ die bayerische Polizei mit Unterstützung der GSG9 und der österreichischen Einheit Cobra hatte. 2300 Polizisten waren im Einsatz.
Hacker-Angriff auf die Polizei
Am Amokabend war die Internetseite der Polizei zeitweise nicht erreichbar. Finanzminister Markus Söder sprach im „Merkur“ von einem Angriff, der die Computersysteme der Polizei massiv gefährdet habe. Andrä bestätigt: „Es gab Zugriffe aus der ganzen Welt“, darunter auffallend viele aus Asien. „Ob es ein gezielter Angriff war oder nur zu viel Traffic muss geklärt werden.“ Das LKA ermittelt.
Twitter & Co.
Fluch oder Segen? Für den Polizeipräsidenten bedeutet Social Media eine große Chance: „Wir brauchen Facebook und Twitter, weil wir so Informationen schnell steuern können.“
Auslandsgeheimdienste
Charlotte Knobloch, Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde, fragt, ob die deutsche Polizei in Terrorfragen auf Auslandsgeheimdienste angewiesen sei. Andrä antwortet: „Wir brauchen gerade in Terror-Fragen eine intensive nationale Zusammenarbeit und wir brauchen die Zusammenarbeit mit verschiedenen Auslandsgeheimdiensten.“ Der Hinweis auf die Sauerland-Gruppe kam aus dem Ausland, auch die Silvester-Hinweise.
Ausländerkriminalität
„Im Bereich der Drogenkriminalität gibt es einen Anstieg. Das ist in erster Linie Folge der intensiveren Kontrollen“, so Andrä. Mehr Fälle gibt es auch bei Schwarzfahrten, Ladendiebstählen und Körperverletzungen. Letztere „finden vorwiegend untereinander und in Einrichtungen statt. Da geht es meist um Kleinigkeiten, wie das TV-Programm“. Bei sexuellen Straftaten sei keine signifikante Veränderung erkennbar.
Neue Ausrüstung
„Ich glaube nicht, dass das neue Jahr leichter wird“, sagt Hubertus Andrä. Doch es bringt auch Verbesserungen für die Polizei: Die neuen, blauen Uniformen, Helme und Metalleinsätze für Westen, die sogar Kalaschnikow-Beschuss standhalten. 2017 fällt voraussichtlich auch die Entscheidung für neue Pistolen. Die alten verfügen über acht Schuss, der Nachfolger soll „deutlich mehr“ haben. Auch neue Mitteldistanz-Waffen sind im Gespräch.