Polizei zieht Bilanz: Corona bremst Einbrecher aus

München - Corona macht allen das Leben schwer, sogar den Kriminellen. Im Herbst beginnt für Einbrecher normalerweise die Hochsaison. Zwischen Oktober und März nehmen die Fälle deutlich zu, nicht aber in diesem Jahr. In der Coronakrise ist die Zahl bei Wohnungseinbrüchen sogar stark gesunken, und zwar um rund ein Drittel, wie das Polizeipräsidium feststellte. Gestiegen ist dagegen die Zahl der Einbrüche in Büro- und Gewerberäume.
Mit dem Beginn der Winterzeit kommen die Einbrecher. Die Polizei spricht von sogenannten Dämmerungseinbrüchen. Verübt werden sie meist zwischen 17 und 21 Uhr. Momentan ist es aber auffallend ruhig. "Die Zahl der Einbrüche wird dieses Jahr spürbar sinken", prognostizierte unlängst Polizeipräsident Hubertus Andrä, der Anfang November in Ruhestand ging. Und tatsächlich sieht es aus, als sollte er recht behalten.

Weniger Profis am Werk - Polizei hat deutlich mehr Festnahmen
Waren es früher im Schnitt noch 1.400 Einbrüche in Wohnungen und Häuser pro Jahr in München, werden es dieses Jahr voraussichtlich nur rund 1.100 sein. Was dabei auffällt, die Täter gehen zunehmend dilettantisch vor. "Wir beobachten einen deutlichen Rückgang bei der Professionalität", sagt Kriminaldirektor Holger Schmidt, Chef des zuständigen KFD 5. Was vermutlich an den Corona-bedingten Reisebeschränkungen liegt, die Profi-Banden aus Osteuropa sind weniger beweglich als vor der Pandemie.
Schmidt: "Wir haben etliche Täter in flagranti erwischt"
Viele Täter hinterlassen zudem mehr Spuren am Tatort oder geben vorzeitig auf und verschwinden ohne Beute. Außerdem steigt die Aufklärungsquote. "Wir haben etliche Täter in flagranti erwischt", sagt Holger Schmidt. Häufig wählen Täter Objekte aus, bei denen durch Hecken, Gartenhäuser oder Garagen die Sicht aufs Wohnhaus verdeckt ist. Meist setzen sie bei Fenstern, Terrassen- oder Balkontüren an. Ein Profi braucht nur wenige Sekunden. Oft genügt ihm ein Schraubendreher.
Bevorzugte Ziele sind Einfamilien- und Reihenhäuser, Wohnungen im Erdgeschoss oder im obersten Stockwerk, wo weniger los ist und die Täter ungestört sind. Aber auch in Keller und Speicher wird deutlich mehr eingebrochen. Dort haben es Täter auf abgestellte E-Bikes abgesehen, die sich über das Internet teuer weiterverkaufen lassen.
Augen auf bei Fremden oder Autos mit fremden Kennzeichen
Die Erfahrung zeigt, dass Täter Objekte meist vorher auskundschaften. Das kostet Zeit und es birgt das Risiko, von Nachbarn gesehen zu werden. Anwohner sollten deshalb immer die Augen offen halten. "Fremde oder Autos mit fremden Kennzeichen können ein Hinweis sein, dass jemand etwas im Schilde führt", sagt Holger Schmidt.

Die Täter wissen, wo sie in Wohnungen Wertgegenstände suchen müssen und sie kennen die gängigsten Verstecke. "Das dauert meist nur wenige Minuten", sagt ein erfahrener Kripo-Mann. Gestohlen wird, was sich schnell und unauffällig abtransportieren lässt: Schmuck, Münzen, Gold und natürlich Bargeld. Computer, Fernseher und Ähnliches sind dagegen weniger gefragt. Zu sperrig beim Abtransport und für den Fall, dass man in eine Polizeikontrolle gerät, ist man ganz schnell in Erklärungsnot.
Wenn alle zu Hause sitzen, ist ein Einbruch deutlich schwieriger
Der Rückgang bei den Einbrüchen zeichnete sich bereits im Frühjahr ab, während des ersten Lockdowns. Wochenlang saßen die Leute zuhause. Viele gingen kaum mehr aus dem Haus und wenn, dann nur kurz zum Einkaufen oder zum Arzt. Weil viele im Homeoffice arbeiteten, hatten Einbrecher große Mühe, geeignete Objekte zu finden. Im Zeitraum zwischen Mitte März und Mitte Mai ging die Zahl der Wohnungseinbrüche in München um 65 Prozent zurück.
Im November-Lockdown dürfte es ähnlich laufen. Hinderlich sind zudem neue Reisebeschränkungen. In den Herbst- und Weihnachtsferien werden viele zu Hause bleiben, was die Chancen für Einbrecher weiter reduziert.
Zunahme bei Einbrüchen in Kindergärten und Horten
Ganz anders sieht es bei Einbrüchen in Büro- und Gewerbeobjekten aus. In diesem Bereich ist 2020 deutlich mehr los. Die Täter haben ihre Taktik der Coronalage entsprechend angepasst. "In Büros und Lagerräumen stieg die Zahl der Taten um 40 Prozent", sagt Holger Schmidt. Was naheliegend ist - wenn alle im Homeoffice arbeiten, sind Büros vielerorts leer und die Einbrecher haben freie Bahn. Die meisten Taten werden nachts verübt.
Was hervorsticht, ist die Zunahme bei Einbrüchen in Kindergärten und Horten. Mehr als 100 Taten wurden 2020 bereits registriert, besonders betroffen sind Neuperlach, Berg am Laim und Ramersdorf. Dabei ist in Kindergärten kaum etwas zu holen. Meist ist der Schaden am Gebäude höher als der Wert der Beute.

"Für Einbrecher sind das ideale Objekte, weil sie kaum gesichert sind", sagt Holger Schmidt. Die Täter agieren auf gut Glück: Manchmal sind nur ein paar Scheine in der Kaffeekasse oder Münzen in einer Spardose. In Corona-Zeiten geben sich Einbrecher schon mit etwas Kleingeld zufrieden.
Das sind die Täter
Oft sind es organisierte Banden. Die Täter kommen laut Polizeistatistik überwiegend aus Osteuropa. Es sind meist reisende Gruppen, die von einer Stadt zur nächsten ziehen.
Das ist die Vorgehensweise
Manchmal nehmen sich die Banden ganze Straßenzüge vor und verschwinden wieder. Es gibt aber laut Polizei keine Hotspots. Vielmehr sind alle Stadtviertel mehr oder weniger betroffen, allerdings gibt es immer wieder verschiedene temporäre und lokale Schwerpunkte.
Das sind die oft betroffenen Gebiete
Generell gilt, dass Gebiete mit guter Verkehrsanbindung heimgesucht werden, weil die Täter so schnell und unauffällig wieder verschwinden können. Wohngebiete in der Nähe von Einfallstraßen oder Autobahnen erlauben es den Banden, sich schnell abzusetzen.
Das sagen die Computer-Prognosen
Seit Jahren verwendet das Polizeipräsidium München eine spezielle Software, Precops, um künftige Einbruchsschwerpunkte vorherzusagen. Eine komplizierte Software, die anhand von eingespeisten Daten und zahlreichen Algorithmen Wahrscheinlichkeiten und Verhaltensmuster berechnet. So lasen sich mit einer gewissen Sicherheit besonders gefährdete Gebiete berechnen und entsprechend die Streifentätigkeit zur Prävention erhöhen.
Diebstahlsopfer oft traumatisiert
Ein Einbruch hinterlässt bei Opfern mehr als nur materiellen Schaden. Viele sind traumatisiert, fühlen sich nicht mehr sicher. Tipps und Hilfe bietet das Kommissariat K 105 für Prävention und Opferschutz (Telefon 089/29100).
So schützen Sie sich vor Dieben
- Wenn man Haus oder Wohnung verlässt, sollte man nie die Tür nur ins Schloss ziehen. Terrassen- und Balkontüren, sowie Fenster niemals gekippt lassen.
- Zeitschaltuhren kosten nicht viel und lassen sich so einstellen, dass zu unterschiedlichen Zeiten beispielsweise das Licht angeht, der Fernseher oder das Radio läuft. Der Eindruck entsteht, es sei jemand zuhause.
- Technische Nachrüstung: Bei Fenstern und Türen muss man mit einem Aufpreis von mehreren Hundert Euro rechnen. Für Nachrüstung oder Austausch kann man bei der Kreditanstalt für Wiederaufbau Fördergelder beantragen.
- Elektronische Systeme: Bewegungsmelder und Kameras sind leicht installiert. Smart Home - die Vernetzung der Haustechnik ist etwas für Technik-Fans. Mit dem Handy kann man von unterwegs beispielsweise Rollläden fernsteuern, Licht aktivieren oder überprüfen, wer an der Tür klingelt, oder sich auf dem Grundstück aufhält. Auch der Alarm kann über Handy empfangen und weitergeleitet werden.