Polizei erwartet bis zu 100 000 Fans auf der Leopoldstraße

SCHWABING - Am Mittwoch steigt das EM-Halbfinale zwischen Deutschland und der Türkei - und danach das Kräftemessen auf der Leopoldstraße. Schon jetzt ist die Polizei über die Kapazitäten von Münchens großer Feier-Meile besorgt: "Mehr als 80000 Fans verträgt die Straße nicht!"
Sie hat Meisterschaftsfeiern miterlebt, Streetlife-Festivals bewältigt und auch die Fußball-WM vor zwei Jahren schadlos überstanden. Doch am Mittwoch steht die Leopoldstraße vor ihrer wohl größten Herausforderung. Bis zu 100 000 Fans könnten nach Schätzungen dann auf den Touristen-Boulevard strömen, wenn Deutsche und Türken das größte Spiel des Jahres feiern werden.
Auch deshalb ist die Polizei auf alles vorbereitet ist: 300 Einsatzkräfte werden am Abend vor Ort sein, 100 davon sollen im Straßenverkehr für Ordnung sorgen. „Für uns ist der Einsatz auf der Leopoldstraße aber weniger ein Sicherheits-, sondern eher ein Massenproblem“, sagt Polizei-Sprecher Peter Reichl: „Mehr als 80000 Fans verträgt die Straße nicht.“
Die Polizei überlegt deshalb, die Fans rechtzeitig durch Rundfunkdurchsagen davon abzuhalten, nach Schwabing zu kommen. Auch die traditionellen Autokorsos werden, falls nötig, gestoppt. „Wir haben derzeit aber keinerlei Erkenntnisse, dass sich beide Fan-Gruppen feindselig gegenüber stehen werden“, sagte Reichl.
Bleibt die Frage, wem die Leopoldstraße am Mittwoch eigentlich gehört? Den 45000 Türken, die nach dem Elfmeter-Krimi gegen Kroatien ausgelassen, aber friedlich bis halb vier auf der Meile feierten? Oder doch den 40000 Deutschen, die nach dem Viertelfinale-Triumph gegen Portugal nach Schwabing strömten?
Für Sophie von Böckmann, der Chefin vom Mama's Kebap Haus in der Feilitzschstraße ist die Sache klar: „Wir waren es, die damit begonnen haben, nach Fußball-Spielen zu feiern“, erklärt die gebürtige Türkin. „Die Deutschen feiern jetzt eben mit.“ Schließlich sei es in der Türkei eine uralte Tradition, dass das Hochzeitspaar mit einem lauten Hup-Konzert und per Autokorso zur Trauung gefahren wird: „Das machen jetzt eben auch die Fußball-Fans.“
Sebastian Bulling, Restaurantleiter des Wirtshaus zur Brez’n sieht’s anders: „Am kräftigsten haben in der vergangenen Woche die Deutschen gefeiert – allerdings auch mit mehr zerbrochenen Biergläsern und Krügen.“ Deshalb ist auch Carmine Aita, Betriebsleiter von Roxy skeptisch: „Ein bisschen gefährlich könnte es mit so vielen feiernden Fans schon werden“, sagt der Italiener: „Sicher kann man sich am Mittwoch nicht unbedingt sein.“
Trotzdem hat Werner Leder-Piloty Gefallen an den regelmäßigen Freudenfeiern auf der Münchner Feier-Meile gefunden: „Letztlich ist das auch die Rückeroberung des öffentlichen Raumes“, sagt der Schwabinger Bezirksausschussvorsitzender, der weiß, wie schwer es normalerweise ist, auch nur ein kleines Straßenfest von den Behörden genehmigen zu lassen: „Hier werden alle bürokratischen Hürden einfach beseitigt“, sagt Lederer-Piloty: „So lange alles friedlich abläuft, ist dagegen auch überhaupt nichts zu sagen.“
Bleibt immer noch die Frage: Wem gehört nun die Leopoldstraße? Zumindest beim Kreisverwaltungsreferat (KVR) findet Sprecher Christopher Habl eine salomonische Antwort: „Die Leopoldstraße gehört weder den Türken, noch den Deutschen – die gehört den Münchnerinnen und Münchnern.“
Daniel Aschoff