Polizei: Anrufer meldete sich mit verstellter Stimme

Am Samstagnachmittag musste die Polizei erneut zu einem Einkaufszentrum ausrücken. Nur eine Woche nach dem Amoklauf im OEZ. Die Pasing-Arcaden und der Pasinger S-Bahnhof mussten geräumt werden, nachdem zuvor ein verdächtiger Anruf in der Leitstelle eingegangen war. Am Sonntag hat die Polizei nun erste Ermittlungsdetails bekannt gegeben.
Demnach ging gegen 15:40 Uhr in der integrierten Leitstelle ein Anruf ein. Der oder oder die Anruferin telefonierte mit verstellter Stimme, eventuell kam auch eine Verzerrungs-Software zum Einsatz. In der Mitteilung des Anrufers wurde sowohl der Bahnhof als auch die Arcaden in Pasing als mögliches Anschlagsziel genannt.
Die Lage ist und bleibt angespannt
Nach Beurteilung des Anrufs wurde unter Einbeziehung der Bundespolizei und des Managements der Pasing Arcaden gegen 17:10 Uhr entschieden, das Shoppingcenter und den Bahnhof zu räumen. Die Polizei spricht von einer "Vorsichtsmaßnahme aufgrund der Vorfälle vom vergangengen Freitag (dem Amoklauf am OEZ, d.Red.)".
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Gegen viertel vor sechs war die Räumung des Bahnhofs abgeschlossen. In den Pasing Arcaden wurden Kunden und Beschäftigte mittels Lautsprecherdurchsagen aufgefordert, die Einkaufsmeile zu verlassen. Uniformierte Polizisten und das Sicherheitspersonal unterstützen die Räumung, die gegen 18:00 Uhr beendet war.
Keine verdächtigen Gegenstände gefunden
Danach wurde das Einkaufscenter nach verdächtigen Gegenständen durchsucht, auch unter Einbeziehung von Spezialisten und Sprengstoffspürhunden. Es wurden keinerlei verdächtige Gegenstände gefunden. Daher konnte der Bahnhof bereits von der Bundespolizei um 18:30 Uhr wieder freigegegen werden, die Arcaden um 19:20 Uhr.
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Die Polizei betont, dass "zu keinem Zeitpunkt eine konkrete Gefahr" bestand. Zudem sei den polizeilichen Maßnahmen ein "großes Maß an Verständnis entgegengebracht worden". Aktuell ermittelt die Kriminalpolizei zu den Hintergründen des Anrufs. Sollte sich herausstellen, dass es sich um einen vorsätzlich provozierten Großeinsatz aufgrund einer Fehlinformation handelt, wird der oder die Anrufer(in) sowohl mit straf- als auch mit kostenrechtlichen Konsequenzen rechnen müssen.
Trittbrettfahren kann sehr teuer werden
Menschen, die vorsätzlich Großeinsätze provozieren, müssen wegen Vortäuschens einer Straftat mit bis zu drei Jahren Gefängnis oder einer Geldstrafe rechnen. Wenn sie ihre Drohung direkt an die Polizei oder Rettungsleitstelle adressieren, kommt der Straftatbestand Missbrauch von Notrufen noch dazu – er wird mit bis zu zwei Jahren oder Geldstrafe bestraft.
Darüberhinaus wird es bei einem Großeinsatz richtig teuer: Die Polizei stellt Trittbrettfahrern die Einsatzkosten in Rechnung: für jeden Polizisten 54 Euro pro Stunde. Kommt ein Hubschrauber zum Einsatz, werden sogar 1700 Euro pro Stunde fällig. "Werden mehrere Hundertschaften samt Hubschrauber eingesetzt, kommt sehr schnell ein Betrag zusammen, den derjenige dann ein ganzes Leben lang abbezahlen muss", schrieb die Münchner Polizei zuletzt auf ihrer Facebook-Seite.
Wer glaubt, die Anonymität schütze ihn, liegt falsch. Erst am Samstag schnappte die Polizei einen betrunkenen 22-Jährigen, der telefonisch eine Explosion am Schlierseer Seefest angekündigt hatte. Und im Januar fasste sie einen Mitarbeiter einer Security-Firma, der an einem Notrufmelder in Unterschleißheim mit einer Bombe im Zug gedroht hatte. Bei einer Personenkontrolle verriet ihn sein sächsischer Dialekt.
In den ersten fünf Tagen nach dem Amoklauf am OEZ wurden allein 22 Fälle aktenkundig. Für die Wiesn, die in 46 Tagen beginnen soll, ist auch ein falscher Alarm, der zur Evakuierung von proppenvollen Zelten führen könnte, eine Horrorvorstellung. Denn eine Massenpanik birgt enorme Gefahren. Auch dieser Punkt wird im Sicherheitskonzept, das nach dem Amoklauf noch einmal komplett auf den Prüfstand soll, ein großes Thema sein.