Politiker-Frau Dorle Maget bringt Polizisten vor Gericht

Im März 2011 beobachtet sie eine Polizei-Aktion gegen italienische Fußballfans. Ein Polizist soll einen wehrlosen Mann getreten haben. Sie ist empört – und sorgt dafür, dass der Fall vor Gericht geht
MÜNCHEN - Dorle Maget bekommt die Bilder nicht aus dem Kopf: Der junge Mann steht mit dem Gesicht zur Wand, die Beine gespreizt, die Hände an die Wand gedrückt. Ein vermummter Polizist packt den Mann an der Schulter, drückt ihn zur Seite auf den Boden, holt aus und tritt den wehrlosen Mann in die Seite. „Es war wie ein Automatismus: Packen, runterdrücken, treten. So, als ob man das so macht“, sagt die Frau von Landtagsvizepräsident Franz Maget (SPD).
Das Landgericht München hat Dorle Maget als Zeugin geladen in diesem Fall von Körperverletzung im Dienst vor dem Achtelfinale der Champions League, Bayern gegen Inter Mailand in der Allianz Arena (2:3 am 15. März 2011).
Dorle Maget war es, die diese Geschichte ins Rollen gebracht hat. Das Wetter war frühlingshaft an jenem Tag im März, die Sonne schien, und die Personalsachbearbeiterin schlenderte gegen 15.40 Uhr mit einer Eistüte in der Hand durchs Tal. Sie wollte zum Marienplatz, als eine Gruppe Männer ihr auf der anderen Straßenseite auffielen. Die Männer rannten. „Einer der Männer lief um sein Leben, er hat fast einen Kinderwagen über den Haufen gerannt“, sagt Maget vor Gericht.
Dann sieht sie, dass die Männer von Polizisten verfolgt werden. Der junge Mann, der ihr besonders aufgefallen ist, biegt in eine Seitenstraße ein und ergibt sich mit erhobenen Händen an der Wand.
Der junge Mann ist ein italienischer Fußballfan. Mit seinem Vater und Freunden ist nach München gekommen, um an diesem Abend Inter Mailand gegen die Bayern gewinnen zu sehen. Nachdem die Italiener im Hotel eingecheckt haben, essen sie etwas und bummeln durch die Innenstadt. Der 23-jährige Italiener erzählt vor Gericht, dass es plötzlich zu Tumulten kam. Jemand habe angefangen, Sachen auf die Polizei zu werfen. Er habe Panik bekommen und sei losgerannt. Schließlich habe er angehalten. Dann weiß er nur noch, dass er mit dem Gesicht zum Boden lag, sah einen Schuh, spürte einen Tritt. „Das war ein unschöner Tag“, sagt der Italiener.
Dass Dorle Maget daneben steht und sich mit Polizisten anlegt, bekommt er nicht mit. Das Fußballspiel verpasst er, weil er auf dem Revier bleiben muss. Seine Seite tut ihm ein wenig weh und die Füße – dort, wo ein Polizist auf ihm gekniet ist. Doch er erstattet keine Anzeige.
Dorle Maget aber kann den Vorfall nicht vergessen, schon gar nicht den Tritt. Oder die zwei Tritte. Es ging alles so schnell. Am Abend schreibt sie dem Münchner Polizeipräsidenten Wilhelm Schmidbauer einen Brief, schildert, was sie gesehen hat – und bringt so die Ermittlungen gegen einen 31-jährigen Polizisten ins Rollen.
Vor Gericht zeigt sich schnell, wie unterschiedlich Wahrnehmungen sind. Der Polizist gibt an, einen Routinegriff angewendet zu haben, um jemanden festzunehmen: „Ich habe nicht getreten.“ Dorle Maget versucht immer wieder, sich diesen Tag im März 2011 ins Gedächtnis zu rufen. Oft gibt sie an, sich nicht sicher zu sein. Aber sie habe gesehen, dass ein vermummter Polizist ausgeholt und getreten habe. Ein Urteil lag bei Redaktionsschluss am Freitag noch nicht vor.