Poldi: Das wahre Happy-End des Katers

Vor 16 Jahren ist der Kater seiner Besitzerin in Haching entlaufen – und einer Familie in Glonn zugelaufen, wo er all die Jahre als „Burli” lebte.
von  Natalie Kettinger
Poldi in ganzer Pracht.
Poldi in ganzer Pracht. © Tierheim

Vor 16 Jahren ist der Kater seiner Besitzerin in Haching entlaufen – und einer Familie in Glonn zugelaufen, wo er all die Jahre als „Burli” lebte

München
- Seine Geschichte hat die Welt bewegt – und bekommt nun ein überraschendes Happy-End: Kater Poldi ist wieder zuhause. Allerdings nicht in Unterhaching, von wo er 1996 verschwand, sondern in Glonn. Denn dort, bei Hans S. und seiner Familie, hat der Ausreißer die vergangenen 16 Jahre gelebt.

„Bei uns heißt er ,Burli’”, erzählt Hans S., „und dass wir ihn wiederhaben, ist das schönste Ostergeschenk.” Auch seine erste Besitzerin soll der Kater bald wiedersehen.

Bei der berufstätigen Frau aus Unterhaching hat Poldi-Burli sein erstes Lebensjahr verbracht. Sie hatte ihn tätowieren lassen und verzweifelt nach ihm gesucht, als er eines Tages auf Wanderschaft ging und nicht mehr zurückkehrte.

Was die Frau nicht wissen konnte: Irgendwie hatte sich Poldi ins 25 Kilometer entfernte Glonn durchgeschlagen, bis in den Garten von Familie S. „Er ist uns an einem Wochenende vor 16 Jahren zugelaufen – und nicht mehr weggegangen”, sagt Hans S.

Der Fuhrunternehmer entdeckte die Kennzeichnung im Ohr der Katze und brachte sie zum Tierarzt. Doch der konnte die Tätowierung nicht entschlüsseln. Hans S. nahm seinen Findelkater wieder mit.

„Der Mann hat sich völlig korrekt verhalten”, erklärt der Münchner Jurist Rudolf Brettmeister. „Mangels Zuordnung zu einem Eigentümer war das Tier als herrenlos anzusehen.” Hans S. durfte die Katze also behalten, ohne dabei mit dem Gesetz in Konflikt zu geraten.

„Seitdem ist der Burli bei uns”, erzählt er heute. „Der ist ein richtiges Familienmitglied: Meine Mutter mit 85Jahren pflegt ihn genauso, wie es meine Kinder, meine Frau und ich natürlich tun.”

Wenn man mit dem Kater spreche, habe man das Gefühl, er verstehe jedes Wort, sagt Hans S. Und selbst auf seine alten Tage verscheuche der Burli noch jeden Hund vom Grundstück. „Der ist sehr intelligent und noch nie weggelaufen.”

So berichtet die Weltpresse über die AZ-Story

Bis zum Samstag vor zwei Wochen. Familie S. hat Gäste. Der Kater streicht ihnen um die Beine. Doch plötzlich ist Burli verschwunden. „Wir haben überall nach ihm gesucht, die Nachbarn gefragt – nichts.” Familie S. befürchtet, dass sich ihr vierbeiniger Methusalem zum Sterben zurückgezogen hat. „Das machen Katzen, wenn sie spüren, dass es zuende geht”, sagt Hans S.

„Burli war zwar nicht krank und hat gefressen wie ein Scheunendrescher. Aber für eine Katze war er mit 17 Jahren uralt. Wir waren alle sehr, sehr traurig.” Dabei ist Burli auch diesmal nicht weit weg: 15 Kilometer entfernt, in einem Wald bei Aying verkriecht er sich in einen Holzschober. „Vielleicht ist der neugierige Kerl in ein Auto gestiegen und niemand hat’s bemerkt”, mutmaßt Hans S.

Bemerkt wird Burli erst von Kilian Schöttl (19), dessen Eltern die Holzlege gehört. Sie bringen ihn ins Münchner Tierheim. Dort gelingt es der Leiterin der Vermisstenstelle, Eveline Kosenbach, die Tätowierung zu entziffern und Burlis erste Besitzerin ausfindig zu machen. Nach 16 Jahren.

Die Abendzeitung schreibt über Poldi-Burli, ausländische Medien berichten  – und die bayerischen Radiosender. Hans S. hört die Meldung im Auto. „Ein roter Kater?”, denkt er. „Das passt. Sehr dünn? Passt auch. Ohne Vorderzähne? Das ist unser Burli!” Vor zwei Jahren hatte man dem Kater die Fangzähne ziehen müssen, weil sich darunter Eiter gebildet hatte.

So schnell er darf, fährt S. ins Tierheim und erzählt seine Geschichte. Die Mitarbeiterinnen glauben dem Mann, der völlig aufgelöst vor ihnen steht. Sie führen ihn zu Burli in die Quarantänestation, die letzten Meter nimmt S. im Laufschritt.

Bis zu diesem Moment lag der alte Kater dort still auf einem Kissen. Als Hans S. vor ihm steht, miaut er vor Freude und streckt ihm die Pfote entgegen. Dem 59-Jährigen steigen Tränen in die Augen. Ganz vorsichtig nimmt er das totgeglaubte Tier auf den Arm, der Kater schnurrt leise.

Hans S. darf ihn mitnehmen. Burlis Leberleiden, das die Veterinäre in Riem festgestellt haben, wird er weiterhin behandeln lassen.

Eine Mitarbeiterin des Tierheims erklärt der Erstbesitzerin, was geschehen ist. Dass die Dame nun traurig sei, tue ihm von Herzen leid, sagt Hans S. „Aber schauen Sie: Sie hatte den Kater doch bestimmt längst abgeschrieben – und bei uns gehört er seit 16 Jahren zur Familie.”

Einem Wiedersehen will der Glonner trotzdem nicht im Wege stehen: „Ich möchte sie einladen, bei uns vorbeizuschauen und den Burli zu besuchen.”

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