Platzprobleme in der Isarvorstadt: Kita muss raus!

Verdrängung mal anders: Einem Kindergarten droht das Aus – weil Schulkinder den Raum beanspruchen.
München - "Schultüten basteln“ steht am Dienstag auf dem Wochenplan, „Turnen“ am Ende der Woche - und gestern: „Filmarbeiten“. Stattdessen hätte dort auch stehen können: „Kindergarten retten“.
Der kleine Film, in dem noch kleinere Kinder Schilder mit Rettungsaufrufen hochhalten, ist der letzte Strohhalm der Elterninitiative Isarvorstadt. Sie sucht einen „Helden des Viertels“, denn nach 20 Jahren in der Geyerstraße 22 ist der Kita gekündigt worden. „Für uns ist das existenzbedrohend“, sagt Kita-Sprecher Daniel Thomas.
Zum 1. März 2016 braucht die integrative Kita neue, zumindest vergleichbare Räumlichkeiten. Gefühlt ein Ding der Unmöglichkeit, vor allem bei dem hohen Standard der jetzigen Einrichtung: zwei Zimmer, eine Küche, ein Spielplatz mit Holzburgen im Hinterhof, viel Platz dazwischen, sogar zum Radeln. Eine Tunnelrutsche führt vom ersten Stock in den Hof. 18 Kinder sind hier untergebracht, zwei bekommen heilpädagogische Betreuung.
Die Kündigung kam Ende März und seit Anfang Mai ist klar: Die Kita muss wirklich raus – mitten im Kindergartenjahr, das üblicherweise zum August endet. Auch Gespräche mit der Stadt brachten nichts. Denn der Verein Nachbarschaft Westermühlbach braucht die Räume selbst – für eine Mittagsbetreuungs-Gruppe.
Die Schule gibt den Raumdruck des Viertels weiter - am Ende der Kette steht die Kita
Die knapp 20 Kinder spielten und machten ihre Hausaufgaben bisher in einem Raum in der Klenzeschule. Doch die stellt um auf Ganztagsbetreuung und braucht den Platz selbst. Was für die Mittagsgruppe übrigbleibt, ist eine Mischnutzung in einem Klassenzimmer: mittags rein, Stühle und Tische wegräumen, wieder zurückräumen, nichts selbst gestalten.
Die Schule gibt den Raumdruck des Viertels weiter, in der Verdrängungsreaktion ist die Kita das Ende der Kette. „Eltern haben hier ehrenamtlich über zwei Jahrzehnte was aufgebaut, das ein Teil unseres Viertels ist“, sagt Thomas.
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In den Neunzigern haben die Elterninitiative und die Nachbarschaftshilfe das Haus mit städtischen und staatlichen Mitteln und viel Eigenarbeit saniert. Vor 20 Jahren bekam die Kita die offizielle städtische Anerkennung. „Formal waren wir immer Untermieter, aber bei Pflichten und der Finanzierung waren wir immer gleichgestellt“, sagt Thomas. Hauptmieter des Hauses ist die Nachbarschaftshilfe, die Kita ist gewerblicher Untermieter. „Unser Selbstverständnis war aber immer ein partnerschaftliches“, gleichberechtigt.
Der Nachbarschaftsverein Westermühlbach blockt ab. „Es ist für mich aus der Langjährigkeit heraus nachvollziehbar, dass der Kindergarten das so empfindet“, sagt Geschäftsführerin Hilde Gerner. Aber noch einmal etwas Anderes suchen für die Mittagsgruppe, das wolle man nicht mehr.
Niemand will Kinder gegen Kinder aufrechnen
Zwei Gruppen sind in der Jahnstraße und der Kapuzinerstraße untergebracht, die dritte im zweiten Stock der Geyerstraße. „Wenn wir schon aus der Schule rausmüssen, wollen wieder lieber zwei Gruppen zusammen haben und nicht zerpflückt sein“, sagt Gerner.
Niemand will Kinder gegen Kinder aufrechnen, sagen sie bei der Kita. Keine der Parteien habe sich das ausgesucht. „Ein Unfrieden im Viertel ist nicht unser Wunsch“, sagt Thomas. „Aber es kann nicht sein, dass man so eine Gruppe vor die Tür setzt, ohne alle Möglichkeiten ausgeschöpft zu haben.“
Die Kita bevorzugt eine einvernehmliche Lösung: passende Räume für sich – oder eben doch für die Mittagsgruppe. „Wenn es eine Alternative gibt, dann hat man etwas, über das man reden kann“, so ist die Hoffnung. Eine kleine.