Pläne an der alten Paketposthalle in München: Ganz hoch hinaus

München - Sie hatte ihn angekündigt, den Wunsch nach einem "großen Wurf" - die Büschl Gruppe als Eigentümer der denkmalgeschützten Paketposthalle in Neuhausen.
Die Sensation scheint gelungen: München könnte im Westen in den Himmel wachsen. Die Baseler Star-Architekten Jacques Herzog und Pierre de Meuron haben zwei Hochhäuser mit spektakulären 155 Metern Höhe geplant – als Ergänzung zu dem monumentalen Industriedenkmal aus den 60er Jahren, als optischen Dreiklang zwischen liegender Halle und stehenden Türmen.
Am Dienstag hat Architekt Pierre de Meuron sein Grobkonzept der Kommission für Stadtentwicklung vorgestellt. Er erklärt die Entstehung der Komposition an der Bahnachse nah an der Friedenheimer Brücke: Man habe die Paketposthalle mit dem geschwungenen Dach um 90 Grad gekippt, um so ein neues einzigartiges Ensemble zu kreieren. "Wir haben den Bogen senkrecht gestellt. Die zwei Hochhäuser sind richtig", sagt de Meuron.
Sie hätten auch mit drei oder vier niedrigeren Türmen experimentiert, so de Meuron. Überzeugt hätten zwei markante leicht taillierte Hochhäuser für die Münchner Stadtsilhouette. "Nur ein einzelnes Hochhaus wäre wie ein Kirchturm gewesen", erläutert de Meuron.
Stararchitekt Pierre de Meuron: "Diese Halle legitimiert die Höhe"
Sieben Tage in der Woche und 24 Stunden am Tag soll im neuen Quartier um die Paketposthalle in Zukunft Leben sein, so die Vision. Dazu ist in den Etagen der Wohn-Türme ein urbaner Mix aus Wohnen, Büros, Hotel und Gastro geplant. Gewerbe, Appartements, Kitas und ein großes Altenheim sollen in der sechstöckigen Randbebauung Platz finden. Das Areal der Paketposthalle hat insgesamt 87.000 Quadratmeter Grund.
Damit die Schönheit der einzigartigen Halle "als Hauptakteur" zur Geltung kommen kann, müsse sie leer bleiben und nur temporär bespielt sein, sind die Planer aus der Schweiz überzeugt. Der überdachte Platz von mehr als vier Fußballfeldern (rund 18.000 Quadratmeter) soll öffentlich und kommerziell genutzt werden: zum Beispiel für ein Beachvolleyballturnier, für Bewegung auf Gymnastikmatten oder für Märkte. Bewusst bleibt die Halle auf zwei Seiten offen und wird nicht beheizt.
Alte Paketposthalle - Stadtplanungskommission begrüßt Planung
Als Ausgleich sollen im Untergeschoss feste Räume sein: für Kultur, für Musik, für ein Museum elektronischer Kunst oder auch für Kongresse. An zwei Seiten wird der Hallenboden aufgebrochen, damit Tageslicht hereinscheint.
Die Stadtplanungskommission begrüßt den "Masterplan" ohne Gegenstimme: als "enorme Chance für München" (Stadtbaurätin Elisabeth Merk), als "tollen Gewinn" und als "gelungene Form in der Stadt". Kommissionsmitglied und Architektin Karin Schmid meint: "Ich finde die Höhe der Häuser total unproblematisch." Die Hochhaustürme sorgen jedoch für Polemik, zumal der Bürgerentscheid von 2004 noch die 100-Meter-Marke vorsieht.
Generalkonservator Mathias Pfeil vertritt den Denkmalschutz: "Türme in der Dimension haben eine massive Auswirkung für das Umfeld. Ich sehe einfach nicht den Zwang in solcher Höhe zu arbeiten", so Pfeil, der am Rande der Sitzung weiter kritisiert: "Das ist eine moderne Basilika geworden. Hier wird ein kirchenartiges Gebäude gebildet. Deswegen wird die Stadtsilhouette maßgeblich geändert. Das ärgert mich."
Stararchitekt Pierre de Meuron rechtfertigt die 155-Meter-Hochhäuser, die den Bogen der Halle spiegeln: "Die Türme vergleichen wir mit einer Akupunktur. Hier werden Nadeln in den Körper gesteckt, damit Energie in den Körper hineingeht - und damit Energie weit über den Körper ausstrahlen kann." Sein stärkstes Argument, das er ins Feld führt, ist ein ästhetisches: "Wir denken, dass diese Komposition die richtige ist. Die einzigartige Halle legitimiert quasi die außergewöhnliche Höhe an diesem Ort. Das ist die Logik."