Piraten + Hut + FDP = das erste Rathaus-Bündnis
München - Gegensätze ziehen sich an, heißt es. Vielleicht ist so die neue Fraktionsgemeinschaft zu erklären, die sich am Freitag vorgestellt hat: Die Wählergruppe Hut wird im Rathaus mit Piratenpartei und FDP zusammenarbeiten.
Der Zusammenschluss dürfte vor allem bei Hut-Wählern für Stirnrunzeln sorgen. Schließlich hat sich die Wählergruppe das Thema bezahlbares Wohnen auf die Fahnen geschrieben. Die FDP, mit der sich der gewählte Hut-Stadtrat Wolfgang Zeilnhofer-Rath nun zusammentut, verweigerte sich bisher aber konsequent Mieterschutz-Instrumenten wie den so genannten Erhaltungssatzungen.
Eine ungute Nachricht ist die Fraktions-Neubildung für die SPD: Die Genossen sind immer noch auf Partnersuche, weil es für Rot-Grün bekanntlich nicht zur Mehrheit reicht. Hut-Mann Zeilnhofer-Rath und Pirat Thomas Ranft waren von den Roten als potenzielle Mitstreiter eingeschätzt worden – anders als die FDP.
Was bringt es den Kleinen, sich zu verbünden?
Als einzelner Stadtrat hat man nicht viel zu melden. Erst ab drei Sitzen gelangt man in die Stadtrats-Ausschüsse. Ab vier Sitzen können sich Gruppierungen zu einer Fraktion vereinigen. Das bisherige System wird zwar gerade überarbeitet, aber bisher galt: Fraktionsstatus bedeutet mehr Geld und Mitarbeiter. Außerdem kann ein Fraktionschef gekürt werden.
Im Fall der neuen Fraktion „FDP-Hut-Piraten“ fiel die Wahl auf Michael Mattar. Der kann sich jetzt Freude, dass für ihn – trotz Verlusten bei der Stadtratswahl – finanziell alles beim Alten bleibt: Denn die „Grundaufwandsentschädigung“ eines Fraktionschefs liegt mit 4855 Euro fast doppelt so hoch wie die eines normalen Stadtrats (2459).
Wie erklären die Politiker selbst ihre Kooperation?
Hut-Mann Zeilnhofer-Rath berichtet: „Wir haben Partei-Ideologien zur Seite geschoben.“ Er gehe die Zusammenarbeit mit „gutem Gefühl und gutem Gewissen“ ein. Nur von der FDP habe er sich „gleichwertig behandelt gefühlt“. Dagegen habe er die SPD nicht als sehr „Neuen-freundlich“ erlebt.
Pirat Thomas Ranft sieht „viele Schnittmengen“, was bei ihm nicht überrascht: Bis 2006 war er selbst in der FDP.
FDP-Mann Mattar stellte gleich klar: „Wir sehen uns weder als Oppositionsbündnis noch als Unterstützungskomitee.“ Kollege Wolfgang Heubisch bekräftigte: „Wir suchen Mehrheiten dort, wo wir glauben, dass wir unsere Vorstellungen am besten durchsetzen.“ Eine Verpflichtung, gemeinsam abzustimmen, gibt es in der neuen Fraktionsgemeinschaft nicht.
Was sagt der künftige OB Dieter Reiter dazu?
Er gibt sich gelassen: „Das ist eine rein organisatorische Veränderung und hat mit politischen Zielen aus meiner Sicht nichts zu tun.“ Nächste Woche will er mit der neuen Fraktion reden. Zuvor stehen auf der Suche nach einer Mehrheit noch Gespräche mit ÖDP und Linken an: Diese beiden wollen künftig nämlich auch zusammenarbeiten.
Was planen ÖDP und Linke?
Ob die zwei Parteien in Zukunft nur eine Ausschussgemeinschaft bilden oder sich ebenfalls als Fraktion zusammenschließen, ist noch nicht entschieden. Klar ist aber, dass sie Gesprächsangebote von SPD und Grünen gemeinsam annehmen wollen.
ÖDP und Linke bringen eine Reihe von Forderungen mit in die Verhandlungen. So bestehen die Ökodemokraten auf den umgehenden Ausstieg aus der Steinkohle – große Mengen davon werden im Heizkraftwerk Nord verbrannt. Die Linke hält an fünf „lebensfähigen städtischen Klinikstandorten“ fest. Gemeinsam wollen die Parteien für mehr Bürgerentscheide kämpfen, zum Beispiel zu neuen Tunneln am Mittleren Ring.
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