Physik-Campus: Umstrittenes Projekt im Englischen Garten

Der Stadtrat will am Mittwoch den Weg freimachen für den Physik-Campus der LMU. Doch das Projekt am Englischen Garten bleibt höchst umstritten.
von  Emily Engels
Die Tierklinik wird abgerissen, Denkmalschützer sind empört.
Die Tierklinik wird abgerissen, Denkmalschützer sind empört. © Daniel von Loeper

München - Laserphysik, Biophysik, Astrophysik oder Meteorologie: 2.500 Physik-Studenten und Hochschulmitarbeiter sollen künftig auf dem Physik-Campus am Englischen Garten Platz haben. Und zwar auf dem einstigen Areal der Tiermediziner. Über die sieben Neubauten, die dort entstehen sollen — funktionale Kuben mit Flachdach — berät am Mittwoch der Stadtrat.

Kritik an Bau-Vorhaben im Englischen Garten

Die alten Gebäude der Tiermediziner sollen sukzessive abgerissen werden, damit Platz für den neuen Physik-Campus geschaffen wird. Ein positiver Nebeneffekt für die Münchner: Das Ex-Areal der Tiermediziner wird zum Englischen Garten hin geöffnet. Die Mauer zum Park fällt. Über die Schackstraße und einen "lockeren Campus" wird es einen neuen Eingang in den Park geben.

Doch gut auf das Projekt zu sprechen sind längst nicht alle in der Stadt. Ein großer Kritiker des Vorhabens ist Florian Grüning von den Altstadtfreunden. "Ich finde es ganz schwierig, was die Stadtbaurätin jetzt dem Stadtrat vorlegt", sagt er. Die Vorlage bezeichnet er als "erschreckend lückenhaft". Damit meint er unter anderem die Antworten auf die Fragen, die bei der Bürgerbeteiligung gestellt wurden. Ein zentraler Punkt hierbei ist die Frage: Ist die Tierklinik denkmalschutzwürdig? "Nein", sagt der Generalkonservator des Bayerischen Landesamtes für Denkmalpflege Mathias Pfeil. In Merks Vorlage steht, dass das Landesamt für Denkmalpflege bei einer Prüfung im Jahr 2002 zu diesem Ergebnis gekommen sei.

Ist die Tierklinik denkmalschutzwürdig?

Grüning sieht diese Einschätzung kritisch. "Pfeil unterliegt dem Wissenschaftsministerium, das Bauherr des Physik-Campus ist", sagt er. Die Altstadtfreunde hatten deshalb auf eigene Faust Experten beauftragt, darunter Victor López Cotelo, langjähriger Ordinarius für Denkmalpflege an der TU, und Dieter Martin, Direktor des Instituts für Denkmalpflege der Uni Bamberg.

Es soll einen Hanggarten geben.
Es soll einen Hanggarten geben.

Die seien zu dem gegenteiligen Ergebnis gekommen. Nämlich, dass die Tierklinik in ihrer Gesamtheit sehr wohl denkmalschutzwürdig sei. "Diese Expertenmeinung fehlt in den Stellungnahmen der Beschlussvorlage komplett", schimpft Grüning. Das sei eine "Schlamperei und Respektlosigkeit gegenüber Experten und dem Stadtrat". "Was dem Stadtrat dort vorgelegt wird, ist ein schwammiges Wischiwaschi, eine Zumutung. Auf die Bedenken der Bürger wird nur oberflächlich oder gar nicht eingegangen", fasst Grüning zusammen.

Was er auch in Merks Vorlage vermisst: Es gab 2016 eine Landtagspetition für den Erhalt der Tierklinik. Alle Parteien außer der CSU hatten damals den Bedenken zugestimmt.

Historische Klinik und neuer Physik-Campus

Wie groß die historische Bedeutung des Abrisses wäre, zeigt ein Blick in die Geschichte der Tierärztlichen Fakultät. Denn die reicht zurück bis zum Ende des 18. Jahrhunderts: Am 10. März 1790 verfügte der bayerische Kurfürst Karl-Theodor die Gründung einer "Thier-Arzney-Schule" am westlichen Rand des heutigen Englischen Gartens. Während des Zweiten Weltkriegs wurden die Gebäude zerbombt, nach Kriegsende aber wieder aufgebaut. Seit 1992 wird die Tierärztliche Fakultät Zug um Zug nach Oberschleißheim verlagert.

Die Pläne der LMU: Bereits im Juni 2019 wurde das Nanoinstitut fertiggebaut. Ab Ende 2023 soll es dann mit dem Bau vom "Forum Physik" weitergehen, der Bau des Gebäudes für "Theoretische Physik" soll Ende 2025 starten. "Nach aktuellem Stand gehen wir davon aus, dass die Baumaßnahmen des Physik-Campus bis 2030 andauern werden", sagt eine Sprecherin der LMU.

Stadtrat wird für Abriss und Neubau stimmen

Trotz Bedenken der Altstadtfreunde – und der von ihnen hinzugezogenen Experten – wird der Stadtrat wohl für die Pläne stimmen. SPD-Fraktionschef Christian Müller erklärt, warum seine Fraktion dafür stimmen wird. "Nicht jedes alte Gebäude ist denkmalschutzwürdig", sagt er. Der Denkmalschutz sei hier geprüft worden.

Auch Stadträtin Heike Kainz (CSU) kündigt an: "Wir werden der Vorlage zustimmen." Ihr sei bekannt, dass Denkmalschutzbehörden in der Regel sehr kritisch sind, und das Vorhaben sei umfassend geprüft worden. Sie sagt: "Natürlich kann man das Thema, dass die Tierklinik an einen anderen Ort kommt, hinterfragen. Aber für diese Frage ist es jetzt schon lange zu spät."

Auch die Grünen werden für die Pläne stimmen. Anna Hanusch finde es trotzdem traurig, "dass keine Lösung gefunden wurde, bei dem ein größerer Teil des schönen, ortsprägenden Bestandsgebäude-Komplexes erhalten bleibt".

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