Photovoltaik zu Hause: "Mein Balkon ist mein Kraftwerk"

München - Grad ist die große Wolke, die sich vor die Sonne geschoben hatte, weitergezogen. Für einen Augenblick fluten Sonnenstrahlen in die Wohnung von Thomas und Bärbel Sicka in Grafing bei München. Er sitzt am Esszimmertisch unter einer selbstgebauten Lampe und greift sofort zu seinem Smartphone. Die Sonnenstrahlen bringen seine Photovoltaik-Anlage draußen am Balkon auf Touren.
Über eine App kann der 57-Jährige verfolgen, wie die Leistung ist. "Aktuell macht mein Balkonkraftwerk 59 Wattstunden", sagt er lächelnd. Das Wetter ist zu durchwachsen. Zu Spitzenzeiten im Sommer klettert die Zahl auf fast 600.
"Solar-Stecker-Gerät" bereits vor einem Jahr gekauft
Das Ehepaar aus Grafing hat alles richtig gemacht, davon sind die beiden überzeugt. Vor einem Jahr haben sie sich ein "Solar-Stecker-Gerät" angeschafft. Seitdem sind die Preise deutlich gestiegen. Außerdem gibt es immer wieder Lieferschwierigkeiten, viele Geräte werden in China hergestellt.

Solarmodule am Balkon: Nachfrage ist groß
Die Nachfrage ist groß. Auch immer mehr Münchner wollen privat Strom erzeugen und damit die hohen Energiekosten mittelfristig reduzieren. Seit Oktober bezuschusst die Stadt die Anschaffung. Seitdem haben bereits 444 Münchner einen Antrag auf Fördermittel gestellt.
650 Euro kostete das kleine Solarkraftwerk
Die Sickas konnten ihr kleines Solarkraftwerk noch vergleichsweise günstig kaufen: 650 Euro haben sie für ein Set mit zwei 20 Kilo schweren Paneelen (à 375 Watt), einem Wechselrichter und Zähler gezahlt. Die Montage kostete 150 Euro. Eine Außensteckdose hatten sie schon.

Davor holten sie die Zustimmung der Eigentümergemeinschaft ein. Für Mieter gilt: Vorab mit dem Vermieter klären. Die Montage übernahm ein Mitarbeiter der Energieagentur Ebersberg-München. "Das hat keine zwei Stunden gedauert", erzählt Thomas Sicka. "Das Prinzip ist extrem einfach. Spektakulär unspektakulär."
Die Solar-Module hängen nun an Haken, die Halterungen für Blumenkästen ähneln, aber deutlich stabiler sind. Schließlich musste die Anlage noch beim Netzbetreiber angemeldet werden, und losging's.
Die Waschmaschine läuft, wenn die Sonne den Strom produziert
Seit einem Jahr fließt der grüne Strom nun in die Steckdose auf dem Balkon und von dort direkt in den Haushaltsstromkreis der Sickas. Wenn die Sonne länger scheint, heißt es: Waschmaschine an! Oder: Geschirrspüler starten! Der Solar-Strom mindert somit den Verbrauch des teuren Stroms, den die Sickas von ihrem Energieversorger beziehen.
620 Kilowattstunden hat die Anlage, die direkt nach Süden ausgerichtet ist, im ersten Jahr produziert. 2400 Kilowattstunden verbrauchen die Sickas etwa pro Jahr. Gemessen am neuen Tarif ihres Versorgers sparen sie im Jahr bis zu 260 Euro, hat er ausgerechnet.
Wann eignet sich das Balkonkraftwerk
Doch nicht für jeden rentiert sich ein Balkonkraftwerk. "Wer den ganzen Tag weg ist, für den ist das nichts", sagt der Rentner. Denn: Die Energie zu speichern, zahlt sich bei den kleinen Solar-Anlagen nicht aus. Das bestätigen Experten. Für Berufstätige kann aber eventuell eine Anlage Sinn machen, die morgens und abends Sonnenenergie nutzt, also Ost-West-Ausrichtung hat.
Es mag nur "Kleinvieh" sein, was die Sickas an Erneuerbarer Energie erzeugen - es gibt ihnen auch ein gutes Gefühl: "Jede so erzeugte Kilowattstunde trägt dazu bei, dass wir von Kohlekraftwerken wegkommen", betont Bärbel Sicka.
Am Ende des Besuchs in Grafing erzählt sie der AZ noch eine Anekdote. Einmal rief ihr Mann von unterwegs aus an, sagte lachend: "Bärbel, jetzt kannst du die Waschmaschine anschmeißen!" Obwohl er fast 200 Kilometer entfernt war, wusste er, dass daheim die Sonne schien.
Und wenn sie nicht scheint, heißt es bei den Sickas auch schon mal: "Heute wird noch nicht gewaschen. Morgen wird das Wetter besser."