Pflegerin sperrt 79-jährige Demenzkranke ein

Es begann mit einem Streit um ein Haus: Bettina S. versteckte ihre Patientin, eine wohlhabende alte Dame vom Tegernsee, in Österreich. Das Amtsgericht hat sie nun zu einer Bewährungsstrafe verurteilt
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MÜNCHEN - Es begann mit einem Streit um ein Haus: Bettina S. versteckte ihre Patientin, eine wohlhabende alte Dame vom Tegernsee, in Österreich. Das Amtsgericht hat sie nun zu einer Bewährungsstrafe verurteilt

Fast sechs Wochen wurde die 79-jährige demenzkranke Karin T. (alle Namen geändert) von der Frau, die ihr als Pflegerin an die Seite gestellt worden war, wie eine Gefangene in einem leeren Hotel in Tirol festgehalten. Die geständige Altenpflegerin Bettina S. (64) wurde dafür gestern vom Amtsgericht wegen Freiheitsberaubung und Misshandlung von Schutzbefohlenen zu einer Haftstrafe von einem Jahr und sechs Monaten verurteilt. Die Strafe wurde zur Bewährung ausgesetzt.

Im Rollstuhl musste die 64-jährige Angeklagte in den Gerichtssaal geschoben werden. Anwältin Birgit Schwerdt: „Meine Mandantin hat in der Untersuchungshaft einen Schlaganfall erlitten.“ Ein Grund, warum auch die Verteidigung an einem schnellen Ende des Verfahrens interessiert war.

Bettina S. räumte daher gleich zu Prozessbeginn die Vorwürfe der Ermittler voll umfänglich ein. Hintergrund der Tat: Im Streit mit der rechtlichen Betreuerin von Karin T. war Bettina S. die Zwangsräumung angekündigt worden. Sie sollte das Haus, das ihr im April 2007 von ihrer Patientin als Gegenleistung für lebenslange Pflege notariell überschrieben worden war, am 15. April diesen Jahres verlassen.

Die Altenpflegerin kam dem zuvor, indem sie eine Woche zuvor für sich und Karin T. die Koffer packte und mit der alten Dame nach Österreich fuhr. In dem vorübergehend leer stehenden Tiroler Hotel ihres künftigen Ehemannes brachte sie die 79-Jährige unter. Sie verschloss laut Anklage die Türen, ließ ihr Entführungsopfer nicht einmal zum Essen nach draußen und versäumte es zudem, der kranken Frau die notwendigen Medikamente zu verabreichen.

Als Karin T. am 18. Mai aufgrund einer Vermisstenanzeige von der Polizei befreit wurde, musste sie mit akutem Bluthochdruck in ein Krankenhaus eingeliefert werden. Bettina S. wollte an diesem Tag ihren Freund heiraten und hatte ihr Opfer wieder einmal eingesperrt.

In der Verhandlung erklärte Bettina S. zum Erstaunen der Prozessbeteiligten, dass sie persönlich im Jahre 1976 von einem grausamen Schicksalsschlag ereilt wurde. Ihr Sohn sei damals entführt und ermordet worden.

Doch zur Rolle des Opfers taugt die 64-Jährige nur bedingt. Sie weist sechs Eintragungen im Bundeszentralregister auf, wurde unter anderem wegen Betruges und Computerbetruges zu einer Bewährungsstrafe verurteilt.

Dennoch waren Staatsanwaltschaft und Gericht der Ansicht, dass man in ihrem Fall noch einmal Bewährung gewähren könnte. Der schlechte Gesundheitszustand der Angeklagten, die infolge des Schlaganfalls halbseitig gelähmt ist, spielte dabei wohl eine große Rolle.

Auch die Anklage wegen der Unterschlagung einer Luxuskarosse wurde fallen gelassen. Der Mercedes steht inzwischen wieder bei der Familie von Karin T.

John Schneider

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