Pflegemonitor: In München wird's finster

Eine neue Studie bietet erstmals ein umfassendes Bild über die Lage im Freistaat. Wo es in Zukunft besonders eng wird - und wieso.
von  Lisa Marie Albrecht
Die Studie gibt einen umfassenden Blick über die Situation in Kranken- und Altenpflege.
Die Studie gibt einen umfassenden Blick über die Situation in Kranken- und Altenpflege. © Sina Schuldt/dpa/Symbolbild

München - Die Versorgung älterer Menschen muss neu gedacht werden: Das ist die zentrale Erkenntnis aus der Monitoring-Studie "Pflege in Bayern - Zahlen, Prognosen, Handlungsbedarf", welche die Vereinigung der Pflegenden in Bayern (VdPB) gestern in München vorgestellt hat.

Die Studie gibt einen umfassenden Blick über die Situation in Kranken- und Altenpflege. Dabei kommt vor allem der Raum München nicht gut weg. Ein Überblick.

Das wurde erfasst

Besonders an der Monitoring-Studie, die vom Deutschen Institut für angewandte Pflegeforschung (DIP) und vom AGP Sozialforschung im Auftrag der VdPB erstellt wurde: Erstmals wurden sektorenübergreifend - also für ambulante Dienste, Heimversorgung und Kliniken - Daten für einzelne bayerische Regionen analysiert. Basis sind die von der Staatsregierung festgelegten 18 Planungsregionen in Bayern.

Ein Index gibt die Versorgungssicherheit an

Aus Daten zu Personal- und Angebotsdichte, Demografie und Ausbildungsaktivität wurde zudem ein Index zur Versorgungssicherheit erstellt, der die Regionen mit Blick auf die zukünftige "Krisenfestigkeit" der Pflege vergleichbar machen soll. Die Skala reicht von 0 bis 50. Je niedriger der Index-Wert, desto besser ist - vereinfacht gesagt - die jeweilige Region in Sachen Pflege "gerüstet", je höher er liegt, desto mehr ist die Versorgung gefährdet.

So schneiden die Regionen ab

Für ganz Bayern ergibt sich ein Durchschnittswert von 31,22 - allerdings erklären die Studienautoren, dass es keinen Normwert gibt, ab dem eine Versorgung als sicher oder unsicher gelten kann. Was sich aber sagen lässt: Elf der 18 Regionen liegen unterhalb des Landesdurchschnitts, sechs liegen darüber - in letzteren ist die Pflege-Versorgung also tendenziell stärker gefährdet.

Der Index zeigt die Pflege-Versorgungsprognose in Bayern.
Der Index zeigt die Pflege-Versorgungsprognose in Bayern. © Grafik: VdPB

Trauriger Spitzenreiter

Trauriger Spitzenreiter ist dabei die Planungsregion München mit einem Index-Wert von 42,96 (siehe auch Grafik). Die Planungsregion umfasst die Stadt München sowie die Landkreise München, Dachau, Ebersberg, Erding, Freising, Fürstenfeldbruck und Landsberg am Lech.

Hier wird also im Bayern-Vergleich der Versorgungsdruck künftig am höchsten sein - aber wieso? Die Studie führt an: Zum einen ist in der Planungsregion die demografische Entwicklung am größten, also der Anteil jener, die über 75 Jahre alt und damit potenziell pflegebedürftig sind. Zum anderen wird hier relativ gesehen viel zu wenig ausgebildet.

Auch diese Regionen sind gefährdet

Allerdings ist dabei nicht die Stadt München ausschlaggebend, sondern vor allem die vom demografischen Wandel stark betroffenen Landkreise. Weitere Planungsregionen, deren fachpflegerische Versorgung laut Index stärker gefährdet ist, sind Donau-Wald (34,98), Main-Rhön (34,05), Südostoberbayern (33,62), Augsburg (32,13) und Donau-Iller (32,31). Im Vergleich am besten gerüstet in Sachen Pflege ist die Planungsregion Oberfranken-Ost mit einem Index-Wert von 26,50.

Die größten Baustellen

Die Personalnot in der Pflege - auch in Bayern - ist immens und wird weiter wachsen. Einem Gutachten des Gesundheitsministeriums von Anfang März zufolge wird sich die Zahl der Pflegebedürftigen in Bayern bis 2050 auf bis zu eine Million verdoppeln.

Geschätzter Bedarf an Vollzeit-Pflegekräften: bis zu 157.000. Doch die Studie des VdPB zeigt noch weitere Problemfelder auf, insbesondere die Ausbildung. Nach derzeitiger Datenlage lässt sich mit der Anzahl der neu ausgebildeten Pflegekräfte nicht einmal das jetzige Niveau künftig aufrecht erhalten, erklärt Pflege-Experte Bernhard Krautz von der VdPB.

Das liegt auch daran, dass viele Arbeitskräfte in den kommenden Jahren in den Ruhestand gehen. "Wir laufen da sehenden Auges in eine Versorgungskatastrophe hinein", sagt Krautz.

Es gibt auch Lösungsansätze

"Die Versorgung muss grundlegend überdacht werden", sagt Pflege-Experte Krautz. Gesundheitsversorgung müsse viel regionaler gedacht werden - hier sieht die VdPB die Kommunen in der Pflicht. Zudem sind sich die Experten einig: Eine reine "Rekrutierungsstrategie" für Fachpersonal wird nicht ausreichen.

Vielmehr müsse man Pflegekräften mehr Eigenverantwortung zugestehen und Fachkräfte effektiver einsetzen. Auch die Prävention von Pflegebedürftigkeit müsse eine viel größere Rolle spielen - etwa durch aktive, aufsuchende Beratung daheim.

merken
Nicht mehr merken
X

Sie haben den Inhalt der Merkliste hinzugefügt.