Pflege, Spenden, Bildung: Diese Münchner Start-ups sind sozial
München – In der neuen AZ-Serie "Start-up-Stadt München" stellt die AZ interessante neugegründete Unternehmen vor. Einige von ihnen haben einen sozialen Hintergrund. Neben dem Unternehmen Social Bee, das Geflüchtete in die Wirtschaft vermittelt, geht es in diesem Teil um eine gemeinnützige Bildungsorganisation, einen Pflegedienst und ein System für Spenden an Bedürftige.
"Serlo": Kostenlos lernen
Der schulische Erfolg hängt in Deutschland noch immer maßgeblich vom Elternhaus ab. Oder besser: von deren Gehaltsscheck. Eine Gruppe von Ehrenamtlichen um einen Harlachinger Gründer versucht, das zu ändern.
Zehn Jahre ist es her, da hatte Simon Köhl, damals noch Zwölftklässler, eine Idee: Wie wäre das, wenn Schüler im Internet Mathe lernen könnten – kostenlos und in eigenem Tempo? Gemeinsam mit ein paar Freunden gründet er die Plattform Serlo. Diese ist inzwischen von einem Hobbyprojekt zum regelrechten Bildungswerkzeug herangewachsen.

Auf serlo.org lernen mittlerweile monatlich mehr als 990.000 Schüler und Studenten. Die Plattform bietet 15 000 einfache Erklärungen, Kurse, Lernvideos und Übungen mit Musterlösungen an. Darüber hinaus stehen dort Abschlussprüfungen der vergangenen Jahre mit ausführlichen Musterlösungen zur Verfügung.
Betreut wird das Projekt von acht hauptamtlichen Mitarbeitern und 55 Ehrenamtlichen nach dem Wikipedia-Prinzip. Unter den Autoren sind Lehrer, Softwareentwickler und "viele weitere Menschen, die einen Beitrag zu mehr Bildungsgerechtigkeit leisten wollen", heißt es auf der Website des Vereins.
Serlo.org behandelt derzeit vor allem das Fach Mathematik. Angebote zu Biologie, Physik, Chemie, Nachhaltigkeit, Informatik und Fremdsprachen befinden sich im Aufbau; ebenso die Übersetzungen in Englisch, Spanisch und Japanisch.
Dem Mitmachen wird ein großer Stellenwert beigemessen. So können sich die Schüler gegenseitig beim Lernen unterstützen. Doch nicht nur Schüler, auch Lehrer sollen von den Materialien profitieren und durch sie im Unterricht besser auf individuelle Bedürfnisse der Kinder eingehen können.
Seit 2017 gibt es eine kostenlose App, mit der etwa Flüchtlinge oder andere Nicht-Muttersprachler eigenständig das lateinische Alphabet lernen können. "Serlo ABC" ist vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge offiziell als Lehrwerk anerkannt.
"Dein Nachbar": Hilfe aus der Nachbarschaft
Vielen Münchner pflegen ihre Angehörigen daheim. Eine große Belastung, denn die meisten Pflegenden stehen noch fest im Berufsleben. Thomas Oeben hat die Missstände in der Pflege erkannt – und einen innovativen Verein gegründet.
Seit 2015 ist "Dein Nachbar", als Unterstützernetzwerk in München aktiv. Professionelle Mitarbeiter aus dem Pflegebereich beraten pflegende Angehörige und schulen die ehrenamtlichen Helfer. Doch auch Unternehmen können von dem Verein Hilfe bekommen, um ihre Arbeitnehmer zuhause zu entlasten.

Oeben ist studierter Betriebswirt und hat jahrelange Erfahrung als Rettungssanitäter. Heute arbeitet er in der Logistik. Damit die Hilfe flächendeckend und schnell zu den älteren Menschen kommt, hat er eigens eine App entwickelt.
"Brot am Haken": Freude schenken
Das Prinzip ist ganz einfach: Kauf eine Brezn für dich und verschenk die zweite an Bedürftige. Damit Letzere die Spende unkompliziert bekommen, hat ein Münchner ein System entwickelt: "Brot am Haken" heißt das Konzept.
Vor gut vier Jahren startete Michael Spitzenberger das Projekt unter diesem Namen in Neuhausen. Dort hängte er in der Bäckerei Neulinger sein erstes Holzbrett mit Haken an die Wand. Daran können die Spender bezahlte Kassenbons hängen. Bedürftige holen sich den Zettel, wann sie mögen ab – und verbringen so zum Beispiel ein paar schöne Stunden bei Kaffee und Kuchen.

Inzwischen nehmen in München mehr als 50 Bäckereien, Cafés aber auch Friseurgeschäfte oder Imbissbuden teil. Inzwischen hat Spitzberger eine Stiftung gegründet. "Brot am Haken" heißt jetzt "Hey" und will bundesweit Freude schenken.
"Teilen, etwas vom eigenen Glück weitertragen, gesellschaftlichen Mehrwert schaffen. Kurz: Geben und Nehmen. Nehmen und Geben. Einfach so", erklärt Spitzenberger seine Motivation. Wichtig ist ihm nämlich auch, dass die Geber sich bewusst für das Schenken entscheiden. Er fordert eine Schenkkultur – jenseit der Bedürftigkeit, für alle.
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