Pferdefleisch? Ja, bitte!

Georg Ringsgwandl fordert auf seiner neuen CD „Mehr Glanz!“ und entdeckt die Grooves
Volker Isfort |
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So eine Art Moonwalk: Georg Ringsgwandl tanzt.
Christian Kaufmann So eine Art Moonwalk: Georg Ringsgwandl tanzt.

Vor drei Jahren gab Ringsgwandl mit dem Album „Untersendling“ noch den lärmenden Vorstadtrocker, nun fordert er „Mehr Glanz!“ ein. Musikalisch kommt Ringsgwandl gereift daher und hat sich mit seiner neuen Band auch auf jazzige Pfade begeben.

AZ: Herr Ringsgwandl, Ihr neues Album klingt so entspannt...

GEORG RINGSGWANDL: ... das ist natürlich ein Fehler: Angus Young von AC/DC hat gesagt, er mache seit 30 Jahren das gleiche Album. Das ist wirklich weise. Aber bei mir ging es nicht. Ich toure seit drei Jahren mit einer neuen Band, die Jungs kommen vom Jazz, lieben schwarze Grooves, und so hat sich der Sound entwickelt.

Sind Sie jetzt weniger Dadaist und mehr Musiker?

Ich habe zumindest das Gefühl, dass ich allmählich die Musik beherrsche. Ich habe immer schon einen bestimmten Klang im Kopf gehabt, den ich aber früher nicht so umsetzen konnte. Dafür war es dann sehr schräg, und manches von mir hörte sich an wie verballhornte Prince-Versionen. Aber langsam weiß ich, wie man mit einer Band umgeht, wie man Stücke arrangiert.

Die politische Absurdität findet auf „Mehr Glanz!“ ihren Niederschlag auf der Pferdefleischpizza.

Das ist meine Antwort auf das ganze hysterische Getue. Ich habe mich gewundert, dass die Leute sich so über Pferdefleisch aufregen können. Ich ernähre seit Jahren das Pferd von meiner Frau indirekt mit. Und warum soll das Pferd denn nicht zu einer vernünftigen Verwendung kommen am Schluss?

Sie haben aber nicht versucht, einen Radiohit auf die Platte zu mogeln?

Ich mache mich doch komplett lächerlich, wenn ausgerechnet ich das jetzt versuchen würde. Außerdem wäre es doch ganz blöd, wenn ich einen Sommerhit schreibe, aber der Sommer kommt nicht.

Wir hatten schon wochenlanges Tollwood-Wetter.

Genau, wobei das in den Zelten eigentlich gut ist, wenn es draußen kühl ist, wirklich hart wird es, wenn den ganzen Tag die Sonne drauf knallt. Mei, Tollwood und ich, das ist schon eine lange Geschichte. Ich war ja schon bei der Vorstufe dabei, auf einer Bretterbühne ohne Dach. Und jetzt spielen dort Santana, ZZ Top – und ich immer noch.

Das ist halt Ihre Heimat.

Ja, aber ich Freude mich, dass ich nicht nur zwischen Altötting und Kempten touren kann, sondern überall. Ich hätte früher nicht geglaubt, dass sich in Oldenburg jemand Ringsgwandl antut, aber wir waren dort, in Bremen, Hamburg, Hannover – und es war rammelvoll.

Wie ist das, mit 64 Jahren noch die Rampensau zu geben – spürt man da nach dem Konzert jeden Knochen?

Es ist halt ungerecht, manche sind in dem Alter nicht mehr unter uns, andere laufen Marathon. Den schaffe ich nicht, aber ich schaffe mein Konzert – ohne Schmerzen. Und solange das Publikum sich dafür einen Abend frei hält, ist alles richtig.

Ihr Album endet so melancholisch mit „Der Winter geht“, und der Frage: „Wieviel Runden bleiben noch?“

Ein guter Freund von mir, der Stofferl Well, sagt immer, ein Lied sei erst dann gut, wenn es bei einer Beerdigung gespielt werden könnte. Und das ist tatsächlich so. Denn angesichts des Todes verkrümelt doch viel Zeug zu nichts. Ich habe ein paar Sachen geschrieben, die man bei einer Beerdigung spielen könnte, es wurde auch schon getan.

Was wäre denn der Totensong dieses Albums?

Kommt auf den Patienten an. Bei mir natürlich etwas Aufgekratztes wie „Mehr Glanz!“.

„Schmeiß den Typen raus“ wäre im übertragenen Sinn auch okay, oder?

Sicher. Ich bin leider nicht in der Liga, die ich bewundere – aber die wirklich begnadeten Leute sind die sogenannten alten Seelen. Leute wie Dylan oder Paul Simon, die haben mit 18 oder 20 Jahren schon Stücke geschrieben, wo alles – von erotischer Ekstase bis zum Tod – drin ist. Das bewundere ich wahnsinnig.

Bereuen Sie, dass Sie nicht schon als 18-Jähriger alles auf die Kunst gesetzt und stattdessen eine bürgerliche Karriere als Arzt begonnen haben?

Natürlich wollte ich damals nur Gitarre spielen, wer nicht? Aber mein Vater hätte mich einfach erschlagen. Es war eine reine Überlebensfrage, dass ich einen Beruf ergriffen habe. Und es hat mir auch Spaß gemacht.

Ringsgwandl stellt „Mehr Glanz!“ (Capriola/Sony) am 18. Juli bei Tollwood vor

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