Petra Schürmann: Ihr langes Sterben

MÜNCHEN - Petra Schürmann und ihre Püppi sind ein Herz und eine Seele - bis zu jenem Juni-Morgen 2001, als Alexandra bei einem Autounfall stirbt. Erst kämpft Petra Schürmann gegen den Schmerz an - dann gibt sie (sich) auf.
Der Tag, der alles anders macht, ist der 21. Juni 2001. Petra Schürmann ist daheim in ihrem Haus in Starnberg. Sie ist unruhig und weiß nicht genau warum. Aber die Unruhe lässt sie nicht mehr los. Nervös wartet sie auf den Anruf ihrer Tochter Alexandra, liebevoll Püppi genannt, dass sie gut angekommen ist. Die TV-Reporterin ist auf der A8 unterwegs nach Bad Reichenhall, wo sie einen Termin für den Bayerischen Rundfunk hat. Die beiden Frauen sind ständig in Telefonkontakt, jede weiß genau, wo die andere gerade ist.
An diesem Morgen bleibt das Telefon stumm. „Sie wird im Stau stecken“, sagt ihr Mann Gerhard Freund. Seine Frau schüttelt den Kopf. „Wenn Püppchen nicht anruft, ist etwas passiert.“ Eher zufällig schaltet sie in der Küche die 9-Uhr-Nachrichten im Radio ein und hört von einem schweren Verkehrsunfall bei Rosenheim. Ein Geisterfahrer mit Selbstmord-Absicht hat ein Auto frontal gerammt. Die populäre Moderatorin ahnt sofort das Schlimmste, wird sie später sagen. Kurz darauf hat sie schreckliche Gewissheit: Ihre 34-jährige Tochter ist tot, sie ist noch an der Unfallstelle gestorben – einen Monat vor ihrer geplanten Hochzeit.
Vier Monate danach wagt sich Petra Schürmann erstmals wieder ins Fernsehen. In der BR-Sendung „Die Zwei. Maischberger&Schmidbauer“ spricht die damals 65-Jährige erstmals über die Tage nach dem Tod ihrer Tochter: „Da habe ich gespürt, dass der Boden unter den Füßen weggeht.“ An die Beerdigung kann sie sich nicht mehr erinnern. „Ich hadere noch sehr und frage mich immer wieder: Warum“, sagt sie. Und dass sie ernsthafter geworden sei, aber nicht depressiv.
Damals hat sie noch Pläne, möchte „in einiger Zeit“ wieder fürs Fernsehen arbeiten. Doch es geht nicht. Mit dem Tod ihrer Tochter beginnt ihr eigenes langsames Sterben. „Am liebsten wäre sie Alexandra gleich in den Tod gefolgt“, sagen Freunde damals. „Aber aus religiösen Gründen lehnt sie den Freitod ab.“
Nach dem Unfall hat die Mutter Schwierigkeiten, zu sprechen
Sie schreibt ein Buch über ihre Beziehung zu Püppchen, aber es lindert den Schmerz nicht. Sie zieht sich vom Fernsehen zurück, die ersten Sprachprobleme tauchen auf. In einem Interview sagt sie: „Es ist mir unangenehm, dass man mich manchmal nicht deutlich versteht. Das ist eine posttraumatische Erscheinung, die mit dem Tod meiner geliebten Tochter zusammenhängt.“ Sie ist in ärztlicher Behandlung, arbeitet mit einer Logopädin, doch die Sprachblockade bleibt.
„Ihre Hoffnung war immer, dass sie Püppchen wiedersieht“, sagt Maja Schulze-Lackner, ihre langjährige Freundin, die in Aufkirchen wohnt – 200Meter vom Friedhof entfernt, auf dem Alexandra Freund und ihr Vater Gerhard (†2008) begraben sind und auf dem Petra Schürmann ihre letzte Ruhe finden wird. „Ihre Tochter war ihr Ein und Alles – manchen mag es übertrieben vorgekommen sein, aber die beiden waren wirklich ein Herz und eine Seele. Alexandra war unglaublich einfühlsam, ist immer auf sie eingegangen.“
„Püppis Tod hat ihr das Herz gebrochen“, sagt auch Inge Fürstin Wrede-Lanz. Hätte sie sprechen, wieder arbeiten und sich vom Schmerz ablenken können, sagen ihre Freunde, „vielleicht hätte sie eine Chance gehabt, Püppis Tod zu überleben“. So aber entfernt sie sich Schritt für Schritt vom Leben. Noch will sich die einst so optimistische wie diszplinierte Ex-Miss-Universum nicht aufgeben, will stark bleiben für Alexandra. Sie versucht, sich den Kummer von der Seele zu schreiben. „Und eine Nacht vergeht wie ein Tag“, heißt ihr Buch über Püppi. Aber das Schreiben macht alles nur noch schlimmer. Die Trauer bricht ihren Lebensmut. „Ich hasse den Satz, die Zeit heilt alle Wunden“, wird sie zitiert. Sie verfällt in Depressionen. Schließlich kann sie sich nur noch schriftlich verständigen – per SMS und Fax.
"So traurig ich bin, ich bin gleichzeitig froh für Petra"
Im letzten Jahr kann sie ihre Finger kaum mehr bewegen, kommuniziert mit Blicken. Das klappt am besten mit ihrer engsten Freundin, Uschi von Bayern. Vor ihrer Hochzeit mit Gerhard Freund, der in erster Ehe mit der Ex-Schauspielerin und Medizinerin Marianne Koch verheiratet war, teilten sich die beiden einen Bungalow am Starnberger See. Bis zuletzt hat sich die Prinzessin rührend um Petra Schürmann gekümmert, ist in ihrer letzten Stunde bei ihr gewesen.
„So traurig ich bin, ich bin gleichzeitig froh für Petra“, sagt Caroline Reiber, ihre Freundin aus frühen BR-Tagen. „Endlich hat sie ihren Frieden gefunden.“