Peter M.: Verschwunden, verschuldet, verhaftet

Der Tankstellenpächter Peter M. inszenierte sein eigenes Verschwinden. Seit 173 Tagen sitzt er in Untersuchungshaft - am Freitag beginnt der Prozess.
von  Nina Job
Peter M. ist wieder aufgetaucht - und muss sich jetzt vor Gericht verantworten.
Peter M. ist wieder aufgetaucht - und muss sich jetzt vor Gericht verantworten. © Nina Job

Der Tankstellenpächter Peter M. inszenierte sein eigenes Verschwinden. Seit 173 Tagen sitzt er in Untersuchungshaft - am Freitag beginnt der Prozess.

München - Seit 173 Tagen sitzt der frühere Tankstellenpächter Peter M. in Stadelheim in Untersuchungshaft. Am Freitag beginnt vor dem Amtsgericht der mit Spannung erwartete Prozess gegen den 49-Jährigen: Peter M. war am 31. Januar am Herkomerplatz in Bogenhausen verschwunden. Sein weißer Porsche stand unverschlossen vor der Hypo Vereinsbank, an der Tür klebte sein Blut. Mit Peter M. waren auch 2.000 Euro Tageseinnahmen aus seiner Tankstelle weg. Vieles deutete auf ein Verbrechen hin. Doch Peter M. hatte alles nur inszeniert. Zum Prozessauftakt beantwortet die AZ die wichtigsten Fragen:


Was wird Peter M. vorgeworfen?

Das Vortäuschen einer Straftat in Tateinheit mit besonders schwerem Betrug in 207 Fällen. Peter M., der die Aral-Tankstelle an der Richard-Strauss-Straße gepachtet hatte, soll abgetaucht sein, weil er betrogen und sich überall verschuldet hatte. Nun drohte alles aufzufliegen.

Wie geriet er in den Sumpf aus Schulden und Betrügereien?

Die Tankstelle an der Richard-Strauss-Straße war einst eine Goldgrube, sie galt als umsatzstärkste Aral-Tankstelle Deutschlands. Nach dem Bau des Richard-Strauss-Tunnels gingen die Umsätze stark zurück. Peter M. lebte gern in Saus und Braus. Die Hochzeitsreise mit der zweiten Frau ging nach Las Vegas. Das Paar reiste nach Mauritius und zu anderen Traumstränden. Zu Hause standen zwei Porsche, ein 911 für ihn, ein Cayenne für sie. Peter M. war offenbar nicht bereit etwas bescheidener zu leben, als die Tankstelle weniger abwarf. Die Staatsanwaltschaft wirft ihm vor, dass er jahrelang am Waschstraßenzähler manipulierte, um die Einbußen auszugleichen. Mehr als 32.000 Autowäschen soll er nicht abgerechnet haben. Auch rechnete er den Zählerstand an den Zapfsäulen zeitverzögert ab. Einiges ist inzwischen verjährt.

Welchen Schaden richtete Peter M. an?

Der Bavaria Petrol soll ein Schaden von etwa 55.000 Euro plus rund 140.000 Euro für nicht abgerechnete Autowäschen entstanden sein. Bei der Hypobank sowie der Münchner Bank sind Kredite von rund 130.000 Euro offen. Einen engen Mitarbeiter soll Peter M. um 20.000 Euro betrogen haben. 10.000 Euro sind inzwischen zurückgezahlt worden.

Welche Strafe droht ihm?

Für das Vortäuschen einer Straftat drohen Peter M. bis zu drei Jahre Gefängnis, möglich ist aber auch eine Geldstrafe. Schwerer wiegt der Vorwurf des Betrugs, hier drohen ihm bis zu zehn Jahre Gefängnis. Warum ließ Peter M. seinen Porsche offen stehen und den Schlüssel stecken? Für den Staatsanwalt sind dies Indizien, dass Peter M. Entführung und einen Raubmord vortäuschen wollte. Weitere Indizien: Er nahm die 2000 Euro Tageseinnahmen und warf die leere Geldtasche neben seinen weißen Porsche, den er vor der Hypobank am Herkomerplatz abgestellt hatte. Auch ritzte sich Peter M. am Finger auf und hinterließ absichtlich einen Blutfleck an der Fahrertür.

Wo war Peter M. in den fünf Tagen, als alle nach ihm suchten?

Der Tankstellenpächter hatte offenbar vor, Suizid zu begehen. Er nahm unter anderem Tabletten und fesselte sich selbst. Damit wollte er laut Staatsanwaltschaft vortäuschen, dass er ermordet worden war. Peter M. gab sein Vorhaben schließlich wieder auf. Nach AZ-Informationen erlitt er bei den Suizidversuchen Erfrierungen an Händen und Füßen. Später mietete er sich in Pensionen ein.

Peter M. täuschte auch seine Eltern – wie stehen sie heute zu ihrem Sohn?

Seine Eltern hatten die Tankstelle einst aufgebaut – ihr Lebenswerk. Sie wussten nichts davon, dass ihr Sohn sich selbst in massive finanzielle Schwierigkeiten gebracht hatte. Als er verschwand, waren sie voller Angst. In der AZ flehten sie den vermeintlichen Entführer an: „Bitte gib uns unseren Sohn wieder!“ Auf die Angst folgte die Enttäuschung, als Peter M. später das Märchen seiner Entführung erzählte. Inzwischen haben ihm die Eltern nach AZ-Informationen alles verziehen - er ist ihr einziger Sohn. Auch die Ehefrau steht nach AZ-Informationen fest zu ihrem Ehemann.

 

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