Peinlichkeit als Sujet
Az-Interview mit Rolf Miller: Der Kabarettist gilt als der Meister des unfreiwilligen Humors.
AZ: An welchen Orten trifft man Typen wie Ihre Bühnenfigur?
ROLF MILLER: In Bibliotheken, bei anonymen philosophischen Kreisen oder im Vatikan wohl eher nicht. Obwohl... Hauptsächlich wohl im Fasching, beim Fussball oder bei der Wallfahrt.
Sie kommen aus Walldürn im Odenwald. Was zeichnet den typischen Odenwalder aus?
Sein Dialekt, sonst nichts. Die Menschen sind überall gleich offen oder gleich borniert.
Ist es nicht schwierig, mit Dialekthumor deutschlandweit Erfolg zu haben?
Ich habe die gleichen Pro-bleme wie Polt, Ursus und Nadeschkin, Mittermeier und andere. Alle haben Dialektfärbungen. Man muss hier und da entschärfen. Der Dialekt macht authentisch. Außer in Göttingen wird nirgendwo Schriftdeutsch gesprochen, auch nicht in Hannover.
Wo liegt der Reiz einer Dialekt sprechenden Figur?
Wie Loriot bin ich der Meinung, dass das Wichtigste im Humor Glaubwürdigkeit ist. Dazu dient Dialekt dann, wenn er die Figur authentisch macht, nicht aber, wenn man wie bei einem Schwank besonders schwer zu verstehende Ausdrücke als besonders lustig empfindet. Bei solch einem Populismus dreht’s mir eher den Magen um. Das Wort Mundart allein nervt.
Sie gelten als Meister des unfreiwilligen Humors. Was ist unfreiwilliger Humor?
Meine Figur merkt nicht, dass sie sich wo reinreitet. Harald Schmidts Bühnenfigur, also generell die eines Stand-uppers, weiß, was sie sagt. Der eine steht drüber, der andere nicht. Er merkt nichts, fast will man ihm helfen.
Was inspiriert Sie an Ihrem Vorbild Gerhard Polt?
Ich habe 20 Jahre gebraucht, um zu kapieren, wie Polt eine Nummer beginnt. Ich bin heute schon auf den Mittelteil gespannt. Halbsätze, zusammenhanglose Sachen, alles bei Polt schon dagewesen. Bei mir kommen noch Freudsche Versprecher dazu. Ich hoffe, etwas perfektioniert zu haben, was er vorgibt in den zwischenmenschlichen Themen. Er hat ja politischere Absichten, wenngleich wir beide gegen den Wähler arbeiten, nicht gegen die Gewählten. Ich bin „psychologischer“, gehe auf die Peinlichkeit der Figur. Mein Hauptsujet ist Peinlichkeit.
Als was sehen Sie sich: Kabarettist oder als Comedian?
Ich sehe mich hauptsächlich als Satiriker wie Polt, Hacke, Hader und so weiter. Wir alle haben aber auch Comedyelemente und viel Kabarettistisches. Das gilt aber wiederum auch alles für Barth, Schröder, Mittermeier. Beide Begriffe sind mittlerweile negativ besetzt, also entziehe ich mich mit „Satiriker“.
Interview: Kathrin Aldenhoff
30. und 31. August, Lustspielhaus, Occamstraße 8, Beginn: 20.30 Uhr, Eintritt: 20 Euro, Tel.344974 und 9. November im Audimax der LMU