Peinliche Polizeipanne: Beweismaterial gelöscht
MÜNCHEN - Es passierte an einem Sommerabend am Scheidplatz in München. Zwei Betrunkene greifen einen 46-Jährigen in der U-Bahn an. Das Opfer wirft der Polizei schleppende Ermittlungsarbeit vor. Und: Das Video vom Überfall gibt’s nicht mehr.
Dominik Brunner war die absolute Ausnahme – mit der Zivilcourage der Münchner ist es nicht weit her, findet jedenfalls Josef Kaiser (46). Der Frührentner war am 24. August um 21.13 Uhr am Scheidplatz von zwei Betrunkenen in die U-Bahn gestoßen worden. „Ich bin zu Boden gegangen, habe mich aufgerappelt und gefragt: ,Was soll das?’“ Die Antwort blieben ihm die beiden schuldig.
Auch in der Folge sei er von den Männern immer wieder auf seine Sitzbank zurückgestoßen worden. Diverse blaue Flecken habe er davon getragen. Von den Menschen in der U-Bahn habe nur eine junge Mutter einmal gerufen: „Jetzt hörts aber auf.“ Der große Rest der 16 bis 18 Fahrgäste hat weggeschaut. „Nicht einmal den U-Bahn-Fahrer habens alarmiert.“
An der Station Giselastraße hatte seine Qual endlich ein Ende. Die beiden Männer (25 bis 30 und 40 bis 45 Jahre alt) stiegen aus. Josef Kaiser alarmierte den U-Bahn-Fahrer, der riet ihm, zu bleiben und auf die Polizei zu warten. „Aber dann wären die ja weg gewesen.“ Kaiser verfolgte seine Peiniger und rief erst dann die Polizei. Doch die Männer machten sich aus dem Staub, als sie die Polizeisirene hörten.
Nicht nur deshalb kritisiert Kaiser die Polizei. In seinem Fall sei nur sehr schleppend ermittelt worden, findet er. So lehnten es die Beamten ab, mit ihm in der Umgebung der Giselastraße nach den Tätern zu suchen. Ein Phantombild wurde nicht angefertigt und die Videoaufnahmen vom U-Bahnsteig sei ihm bis heute nicht gezeigt worden.
Polizeisprecher Peter Reichl: „Wir haben alle Ermittlungsmöglichkeiten ausgeschöpft. Allerdings hatte die Funkstreife versäumt, das Videomaterial vom U-Bahnhof sichern zu lassen. Als die Anzeige dann bei der Kripo auf dem Schreibtisch landete, war es dafür zu spät. Das Material war bereits gelöscht worden.“
Dass kein Phantombild hergestellt wurde, erklärt Reichl damit, dass dies nur bei sehr schwerwiegenden Straftaten gemacht wird. „Ein Phantombild zu erstellen, fordert einen sehr großen Aufwand.“ Man habe gegen Unbekannt wegen Bedrohung, Beleidigung und versuchter Körperverletzung ermittelt. Das Ergebnis liegt jetzt bei der Staatsanwaltschaft.
John Schneider
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