Pasinger Bahnhof: Münchner Händler bangen wegen Umbau um ihre Zukunft

Das Sicherheitsproblem in Pasing ist gelöst, doch es gibt neue Sorgen: Der Bahn-Großumbau verärgert die Viertel-Politik. Das sind die Gründe hinter der Empörung.
von  Eva von Steinburg
Der Pasinger Bahnhof, Tatort mehrerer brutaler Überfälle.
Der Pasinger Bahnhof, Tatort mehrerer brutaler Überfälle. © Daniel von Loeper

München - Tagsüber quirlig und belebt – abends nicht immer angenehm. Der Pasinger Bahnhof stand Anfang des Jahres wegen einer Häufung von Schlägereien und auch Raubüberfällen in den Schlagzeilen. Inzwischen hat die Polizei eine Bande geschnappt - und sie steht vor Gericht. "Sicherheitspersonal ist verstärkt vor Ort. Die Polizei sagt, sie hat die Lage im Griff", berichtet Frieder Vogelsgesang (CSU), der örtliche Bezirksausschuss-Vorsitzende.

Der große Bahnhof brummt immer stärker. Über 100.000 Fahrgäste strömen täglich zu den Gleisen – und durch die zwei Hauptein- und -ausgänge. Der Pasinger Bahnhof ist der viertgrößte Bahnhof Bayerns. Die Deutsche Bahn baut deshalb an dem Umstiegsbahnhof ab 2026 zwei neue Bahnsteige. Die Planungen zum Ausbau des Drehkreuzes stoßen jedoch vor Ort auf Kritik.

Umbauprojekte am Pasinger Bahnhof in München: Kontroversen und Herausforderungen

Ab 2026 wird der unscheinbare Nordeingang für zwei Jahre Baustelle: Die Deutsche Bahn reißt das Eingangsgebäude ab - um eine große und transparente Glas-Eingangshalle zu bauen. Zwischen Gleis 12 und 14 entsteht ein zusätzlicher Bahnsteig. Hier sollen einmal Züge Richtung Augsburg halten. Doch alteingesessene Gastronomen und Läden, wie das Lotto-Toto und Tabak-Geschäft, das es seit 25 Jahren gibt, müssen für Treppen, Rolltreppen und einen Aufzug weichen. Die Inhaber stehen vor einer ungewissen Zukunft.

Recept Yildiz betreibt seit 24 Jahren Imbiss und Catering Feinkost Gulet am Nordausgang des Pasinger Bahnhofs.
Recept Yildiz betreibt seit 24 Jahren Imbiss und Catering Feinkost Gulet am Nordausgang des Pasinger Bahnhofs. © Eva von Steinburg

Bäckerei Müller-Betreiber Ehad Tornulogu sagt: "Wir haben 80 Quadratmeter, beschäftigen sechs Vollzeitkräfte und zehn Aushilfen. Wo sollen wir hin?" Er hält es für möglich, dass die Bäckerei während der Baustellenzeit als Übergangslösung einen Container bekommt. "Noch ist aber nichts entschieden", so Tornulogu. Er ist seit 24 Jahren im Bahnhof beheimatet und gilt als Institution: Die Umbau-Pläne treffen Recep Yildiz hart. Der Betreiber des türkischen Feinkost-Imbiss Gulet sagt: "Für mich ist das saublöd. Was mache ich? Eine Ersatzfläche habe ich nicht. Ich muss noch zehn Jahre meinen Kredit abstottern", beklagt er: "Einen Anschlussmietvertrag könne man mir momentan nicht anbieten, heißt es von der Deutschen Bahn bis jetzt."

Der Gulet-Inhaber würde gerne in einen Laden auf der Südseite umziehen, der viel belebteren "Schokoladenseite" des Pasinger Bahnhofs, wo schon Yorma's, KFC, McDonald's, Haferkater und Rischart sind. Zweimal hat er sich beworben - jedoch ohne Zuschlag. Yildiz ist bekannt für sein Party-Catering, den Döner ohne Geschmacksverstärker und Phosphate. Und für die guten Preise für Schüler bis 21 Jahre: "Ich bin schon so lange am Bahnhof. Zu mir kommen ehemalige Schüler mit ihren Kindern. Den Rentner-Döner will ich meinen Stammkunden doch auch noch anbieten."

Auf der Nordseite des Pasinger Bahnhofs: Der Flachbau rechts soll durch ein gläsernes Eingangsgebäude ersetzt werden.
Auf der Nordseite des Pasinger Bahnhofs: Der Flachbau rechts soll durch ein gläsernes Eingangsgebäude ersetzt werden. © Eva von Steinburg

Lokale Geschäfte und Gastronomen im Pasinger Bahnhof: Die Auswirkungen des Umbaus in München

Die Stadtviertelpolitiker im Münchner Westen sehen das Dilemma der Geschäfte am Pasinger Bahnhof. Vor dem engen Nordeingang sind der Neubau eines Ärztehauses und ein fünfstöckiger Komplex mit Supermarkt geplant. "Doch die Bahn hat kein Gesamtkonzept. Jeder plant vor sich hin und backt sein eigenes Brötchen. So ist es brutal schwierig, eine Lösung zu finden", bedauert Frieder Vogelsgesang die Situation. Über die Deutsche Bahn ist der Münchner "sehr verärgert". Er wirft der Bahn vor, beim neuen Nordeingang nicht auf die Forderungen der Pasinger Lokalpolitiker einzugehen: "Wir brauchen eine öffentliche Toilettenanlage. Und viele Fahrradstellplätze. Es fehlen zirka 2000 - wir wollen das für Pasing!", so der CSU-Politiker.

Denn die Pläne der DB sehen vor, dass das neue Bahngebäude einen Meter weit auf städtischen Grund rückt. "Wir stimmen dem zu, ebenso einem höheren zweigeschossigen Gebäude – aber nur, wenn für Pasing und die Pasinger deutlich etwas abfällt", erklärt Vogelsgesang. Und murrt weiter: "Wir sind sauer! Bislang ist die Bahn auf unsere Forderungen nicht eingegangen." Eine Bahnsprecherin erklärt: "Uns sind die Wünsche des BA bekannt. Wir stehen dazu im Austausch."

Auf Anfrage der AZ bemüht sich die Bahn, die Gastrobetriebe und Händler am Nordeingang zu beruhigen: "Die Vermarktungsflächen müssen zurückgebaut werden. Sie werden durch eine südliche Erweiterung der Personenunterführung kompensiert", schreibt die DB-Sprecherin der AZ. Das bedeutet: Auf der Schokoladenseite des Pasinger Bahnhofs soll für sie Platz gefunden werden.

Neben fünf Münchner S-Bahn-Linien halten am Bahnhof auch Regional- und Fernzüge. Um bei Störungen der S-Bahn-Stammstrecke die Sendlinger Spange flexibler nutzen zu können, baut die DB im nächsten Schritt nahe am 150 Jahre alten Backstein-Bahngebäude einen zusätzlichen Bahnsteig: zwischen Gleis 1 und 2. Gute Nachrichten also immerhin für die leidgeplagten Münchner S-Bahn-Kunden.

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