Partyfieber: Münchens Erde bebt
Eine Stadt im Partyfieber: Im ZOB eröffnet der Neuraum, in der Schranne dirndlt es und im ZKMax feiert sich die Mode-Szene.
MÜNCHEN Die Münchner Erde dröhnt. Während oben die Menschenschlange länger wird, schwappen Electro- und House-Beats über die Partygänger – rund zehn Meter unter der Erde. Lange haben die Fans der „Nachtgalerie“ auf einen Nachfolger gewartet – am Wochenende war es soweit: „Neuraum“ heißt der Partytempel am Zentralen Omnibusbahnhof (ZOB), den die ehemaligen Betreiber der „Nachtgalerie“ eröffnet – oder besser gesagt: in den Boden gestanzt haben. Denn hinter den Glastüren verbirgt sich ein Club auf vier Ebenen bis zu zehn Meter unter der Erde.
Die Handschrift ist unverkennbar die der Nachtgalerie. Kahle Hallen, dröhnende Beats, lässige Abiturienten, günstige Drinks (4,50 Euro) und eine perfekte S-Bahn-Anbindung an der Hackerbrücke. Es ist voll, die Masse gibt die Richtung vor. So treiben tausende Münchner durch Räume, die „Salon“, „Galerie“, „Keksdose“ oder einfach „Club“ heißen. Zwischen Bars aus Holzkisten, schwebenden Wodka-Flaschen, Tanztribünen und Sessel an Ketten tingeln Jungs mit Lederjacken, Mädchen mit viel Schmuck am Dekolleté.
Um tiefe Einblicke dreht sich auch alles in der Schranne bei der After-Shopping-Party der AZ. Trachten Angermaier präsentiert Trends für die Wiesn 2009. Die Erkenntnis: Mutige dürfen düster kommen. Einige hundert Partygäste in der Schranne staunen nicht schlecht, als schwarze Dirndl mit Totenkopf-Stickereien auf der Schürze über den Laufsteg tanzen. Fesche Jungs zeigen sogar, dass in Lederhosen nicht nur Schuhplattler, sondern auch Break-Dancer stecken können. Derart provokante Gegensätze können die Partystimmung in der Schranne nur zusätzlich befeuern. Die Wirkung hält jedenfalls bis zum Morgen an.
Hochmodisch ging es am Samstag einige Meter unter der Maximilianstraße zu – auch wenn Bayerisches hier vom Berliner-Leggins-Chic abgelöst wurde. In die ehemalige Unterführung „ZKMax“ hatten die Designerinnen Tanja und Verena Brock zur einer der in München seltenen Modepartys eingeladen: Erst staksten die Models in der Herbstmode der Schwabinger Boutique „Meschugge 54“ über den Laufsteg – Hosenträger und Strickkutten für ihn, asymmetrische Chiffonkleider und Reiterhosen für sie – danach wurde mit der Party „Kleiner Mann im Boot“ weitergefeiert.
Mit modischer Inspiration vom Laufsteg beäugte sich die Szene hinter Champagnergläsern und unter Hutkrempen selbst – und erklärte die Lederleggins für tot. Weil ihre Anhäufung für einen Abend zu hoch war.
Reinhard Keck, Anne Kathrin Koophamel