Parken: Welches Politiker-Privileg vor 50 Jahren die Münchner erzürnte

München — Wo Stadträte parken? Darüber gab es vor sechs Jahren zuletzt eine kleine Debatte. Wie die AZ berichtete, wuchs im Rathaus der Unmut über zwei CSU-Altvordere, die ihre großen Oldtimer stets in einem Innenhof abstellten - obwohl dort eigentlich kein Platz für einfache Stadträte vorgesehen war. Irgendwie wurde es dann aber doch toleriert - und die breite Öffentlichkeit sieht ja eh nicht, was drinnen in den Höfen vor sich geht.
Ganz anders war das noch in den Sechziger- und Siebzigerjahren, als der Marienhof als großer Parkplatz diente. Vor genau 50 Jahren, am 17. August 1974, erschien im Lokalteil der AZ ein Artikel unter der Überschrift "Extrawurst für Großkopferte".
Auf dem Marienhof parken "vor allem Ratsherrn"
Ein 74-jähriger AZ-Leser sagt im Text: "Auf dem Marienhof sind ein Teil der Parkplätze durch Schranken für die Ratsherrn reserviert. Das sehe ich nicht ein. Jeder andere Münchner, der seinen Arbeitsplatz in der Innenstadt hat, muss für einen Garagenplatz zahlen oder mit dem MVV fahren."
Auf Nachfrage der AZ sieht man im Rathaus aber kein Problem. Das Presseamt im Rathaus antwortet in jenem August 1974: "Es gibt keine ungerechtfertigten Park-Privilegien." Ein Teil der Parkplätze sei an das benachbarte Zentralfinanzamt und an benachbarte Geschäfte vermietet. Außerdem hätten einige Stadträte, "die viel mit ihrem eigenen Wagen umherfahren müssen, dort einen Parkplatz." Die seien "mir ihrer ehrenamtlichen Arbeit schon so überlastet, dass es gerechtfertig ist, ihnen direkt am Rathaus Plätze anzubieten, wenn sie zu Sitzungen müssen".
Ob das den AZ-Leser überzeugt, ist nicht überliefert. Er hatte gemeldet, dass auf dem Marienhof "vor allem Ratsherrn parken". Aus heutiger Sicht auf jeden Fall eine bizarre Debatte. Andererseits: Die Bundes-FDP hat ja soeben gefordert, das Parken in Innenstädten wieder attraktiver (und häufiger kostenlos) zu machen.
"Der wird von den Touristen im Rathaus dauernd geknipst!"
Bei den Münchner Liberalen gingen viele lieber gleich hektisch auf Distanz zu dieser Forderung. So ganz will in München inzwischen keiner mehr mit der Forderung nach mehr Komfort für Autofahrer verbunden werden. Nicht politisch. Und auch nicht persönlich.
Wie anders war das doch vor 50 Jahren. Und irgendwie sogar noch vor sechs. CSU-Stadtrat Reinhard Babor verstand damals die Aufregung gar nicht. Sein alter 190 Db Mercedes sei schließlich eine richtige Schau. "Der wird von den Touristen im Rathaus dauernd geknipst!"