Panne! DNA-Test bei 200 Polizisten

Wie kamen die DNA-Spuren der 1981 ermordeten Ursula Herrmann in die Wohnung der 2006 getöteten Parkhaus-Millionärin Charlotte Böhringer? Eine Ermittlungspanne? – Jetzt werden die Speichelproben von etwa 200 Münchner Polizeibeamten in einer „Eigen-DNA“-Datei gespeichert.
von  Abendzeitung
Mordfall Böhringer: 200 Polizisten zum Gen-Test
Mordfall Böhringer: 200 Polizisten zum Gen-Test © dpa

MÜNCHEN - Wie kamen die DNA-Spuren der 1981 ermordeten Ursula Herrmann in die Wohnung der 2006 getöteten Parkhaus-Millionärin Charlotte Böhringer? Eine Ermittlungspanne? – Jetzt werden die Speichelproben von etwa 200 Münchner Polizeibeamten in einer „Eigen-DNA“-Datei gespeichert.

Üblicherweise ist es eine Prozedur, die nur Verdächtige über sich ergehen lassen müssen: der sogenannte DNA- bzw. Speicheltest. Doch in den vergangenen Wochen und Monaten waren die Ermittler im Polizeipräsidium München an der Reihe.

Polizisten nicht unter Generalverdacht

Dutzende bekamen ein Wattestäbchen in den Mund gesteckt. Aus der Mundschleimhaut wird DNA-Information gewonnen, die den Einzelnen identifizierbar macht. Die Polizisten stehen nicht unter Generalverdacht, sondern: „Uns geht es darum, die Qualität unserer Tatortarbeit weiter zu verbessern“, so Polizeipräsident Wilhelm Schmidbauer zur AZ.

Insgesamt sollen etwa 200 Beamte in der brandneuen „Eigen- DNA“-Datei des Münchner Präsidiums erfasst werden. Von 70 Ermittlern wurden die Daten bereits gespeichert.

Konsequenz aus dem Spuren-Eklat im Böhringer-Prozess

Der Massen- Gentest im Polizeipräsidium ist eine Konsequenz aus dem Spuren- Eklat im Böhringer- Prozess. Wie berichtet, wurde 2006 nach dem Mord an der Parkhaus- Millionärin am Tatort an einem Glas und an einem Schubladenknauf DNA gesichert, die nie zugeordnet werden konnten. Von derselben Person wurde eine DNA-Spur gefunden auf einer Schraube im Fall der 1981 entführten Ursula Herrmann (10). Bis heute kann eine peinliche Ermittlungspanne nicht ausgeschlossen werden.

„Die Idee einer Eigen-DNA-Datei gab es schon länger. Durch den Fall Böhringer wurde sie massiv vorangetrieben“, bestätigt Wilhelm Schmidbauer. Vergangene Woche unterschrieb der Polizeipräsident eine „Errichtungsanordnung“ – der Startschuss für die neue Datei. Das Innenministerium gab grünes Licht.

Versehentlich gesetzte Spuren künftig erkennbar

Im ersten Schritt wurden bereits alle Beamten der Spuren- und Tatortsicherung erfasst. Im zweiten Schritt kommen sämtliche Ermittler, insbesondere die von der Mordkommission, an die Reihe. Bisher wurden genetische Fingerabdrücke nur in der Zentralstelle des Bundeskriminalamtes (BKA) in Wiesbaden gespeichert. Mehr als 450 000 Personen und über 100 000 Spuren aus Kriminalfällen sind dort erfasst. Die genetische Information der Münchner Polizisten wird nicht im BKA landen, sondern in einer separaten, „verdachtsunabhängigen“ Datei im Präsidium. Nur der Kommissariatsleiter und sein Vize können die verschlüsselten Daten einem Kollegen zuordnen.

Ziel ist es, künftig alle Spuren eines Tatorts automatisch mit den Daten der Kollegen abzugleichen, bevor sie dem BKA übermittelt werden. So kann auch eine versehentlich gesetzte Spur (Beispiel: Ein Ermittler verliert am Tatort ein Haar) erkannt werden.

Beamtenrecht verpflichtet zur "vollen Hingabe"

„Ich bin froh, dass alle bislang eingestellten Beamten freiwillig mitgemacht haben. Auch der Personalrat hat zugestimmt“, sagt Polizeipräsident Schmidbauer. Doch eine echte Wahl haben die Kollegen nicht: Laut Bayerischem Beamtenrecht sind sie zu „voller Hingabe“ an ihren Beruf verpflichtet. Sollte sich jemand beharrlich weigern, müsste er sich wohl versetzen lassen.

Nina Job

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