Orte rund um München, die das Herz bewegen

Vor einigen Monaten, im Mai, hat die Abendzeitung Kraftorte in München vorgestellt. Die Resonanz auf dieses Thema, bei dem sich alles um Ruhe, Mystik und Erkenntnis drehte, war groß – und hat uns, die Redaktion, positiv überrascht. Deshalb gibt es jetzt zur Ferienzeit die Fortsetzung: eine Serie über Kraftorte rund um München.
von  Clemens Hagen
Kraftorte um München: In der neuen AZ-Serie stellen wir inspirierende Wanderrouten vor.
Kraftorte um München: In der neuen AZ-Serie stellen wir inspirierende Wanderrouten vor. © dpa/imago

Die drei Folgen beschäftigen sich mit Orten der Liebe, Orten der Weisheit und Orten der Heilung. Vorgestellt werden jeweils ganz besondere Plätze im Münchner Umland. Und weil sie alle idyllisch gelegen sind, schlagen wir auch gleich eine entsprechende Tour vor, damit Ihr Besuch zu einem unvergesslichen Erlebnis wird.

Die Ideen für diese unterschiedlich langen und unterschiedlich anspruchsvollen Spaziergänge stammen von dem Münchner Stadtführer Christopher Weidner (49, "Die Stadtspürer", www.mystisches-muenchen.de).

Er beschäftigt sich bereits seit frühester Jugend mit dem Thema Mystik, bietet geführte Touren zu Kraftorten in ganz Europa an und hat sogar schon ein Buch zum Thema veröffentlicht: "Mystische Orte in Oberbayern – Die schönsten Wanderungen und Spaziergänge" (Verlag Terra Magica).

Weidner über die Orte der Liebe: "Es geht nicht um die romantische Liebe zwischen zwei Menschen allein, sondern vielmehr darum, sich zu verbinden, mit anderen, mit sich selbst, mit der Natur. Gerade in einer Zeit, in der sich viele entwurzelt fühlen, ist die Sehnsucht nach Verbindung besonders groß. Man sollte die Orte der Liebe mit offenem Herzen aufsuchen, sie sind emotional, es geht um das Fühlen. Diese Plätze betonen Gemeinsamkeit, man kann dies gut zu mehreren Personen erleben. Sie werden sehen: Eine Tour wird Ihnen die Augen für eine bislang noch wenig bekannte Dimension öffnen: die Magie der Kraftorte."

 


Die Schleierfälle sind ein Quell guter Energie. Man kann sich vorstellen, dass man hier früher Geister vermutet hat. Foto: dpa

Im Reich der Nixen und Najaden

Unsere Vorfahren hielten alles in der Natur für belebt. In den Bäumen, den Blumen, den Steinen und in den Gewässern hausten Geister, in denen sich die Kräfte der Natur spiegelten. Diese Wanderung führt uns zu einem Naturdenkmal von einzigartiger Schönheit: den Schleierfällen.

Wir starten beim Parkplatz am "Kammerl", den wir hinter Gut Achselschwang erreichen. Gleich führt uns der Weg über die Ammer und dann am E-Werk vorbei und aufwärts über den Kanal durch einen lichten Wald bis wir das Hochufer erreicht haben. Bei einem Feldkreuz halten wir uns rechts und bleiben am Waldrand. Eine Weile wandern wir in leichtem bergauf, bergab vor uns hin, bis der Weg sich gabelt. Wir wenden uns nach rechts und nehmen den steilen Weg hinab in die Schlucht. Vorsicht – hier kann es bei feuchter Witterung sehr rutschig werden! Wenn wir den Fluss erreicht haben geht es nach rechts auf einem schmalen Steig zum Ziel unserer Tour: den Schleierfällen.

Seit Jahrtausenden rieselt hier das Wasser, gespeist von einem Quellbach. Die Kraft dieses Platzes lebt ganz aus der Gegenwart des Elementes Wasser und vor allem dem Klang, den es in unseren Ohren hinterlässt, wenn es in feinsten Tropfen auf den felsigen Untergrund regnet.

Es sind diese Plätze, die uns einen Eindruck davon geben, wie sich die Menschen früher die Natur mit Wesenheiten angefüllt vorstellten. In der Antike waren es die Najaden, wunderschöne Nymphen, die an solchen Plätzen lebten und für ihren Schutz sorgten. Oft wurden sie an Bächen und Wasserfällen gesehen. Vielleicht erspähen Sie ja eine?

Karte: imago

Länge: 10 Kilometer
Dauer: 3 Stunden Gehzeit
Schwierigkeit: mittel, teilweise steil und sehr rutschig

 


Mystische Stimmung: die Fähre zur Roseninsel im Starnberger See. Foto: dpa

Ausflug auf die Insel der Seligen

Der Starnberger See hat nur eine einzige Insel, die "Roseninsel" (früher: Insel Wörth). Wie ein grüner Smaragd liegt dieses kleine Eiland in der Bucht vor Feldafing am Westufer des Sees, nur etwa 170 Meter vom Ufer entfernt. Eine Magie der Liebe umgibt das nur knapp 2,5 Hektar Stück Land im See, die auch den heutigen Besucher schnell in seinen Bann schlägt. In den Worten des Münchner Dichters Lorenz Westenrieder "groß genug wäre die Insel, um darin irgendeinen Kummer zu begraben, auch groß genug, zwei Herzen aufzunehmen, die jetzt in der süßesten und glücklichsten Schwärmerei ihrer Seelen nichts bedürfen als sich selbst und nichts wünschen als Gebüsche, ihr Glück vor den Augen des Neids zu verbergen."

Sobald wir den Fuß auf dieses verzauberte Stückchen Erde gesetzt haben, umfängt uns die vom Duft der Rosen schwere Sommerluft und wen würde es wundern, wenn ihm auf einmal zwischen den Büschen Kaiserin Elisabeth und König Ludwig II. auf den Wegen spazierend entgegenkommen würden?

Dieser Ort ist ein magischer Ort, schon lange bevor König Maximilian II. von Bayern ihn zu einer Sommerresidenz umgestalten ließ und sie zur Roseninsel machte. Der fromme Naturfreund kaufte die Insel im Jahre 1850 der hiesigen Fischerfamilie ab, um dort einen Garten voller Rosen zu errichten, den er als Vorposten seines ehrgeizigen Projektes eines Schlosses in Feldafing auserkoren hatte. Aus dem Schloss wurde nichts, aber die Gestaltung der Insel zur Roseninsel war ein voller Erfolg.

Er ließ eine Villa im oberitalienischen Landhausstil und mit Anklängen an bayerische Gebirgshäuser errichten, das Casino, von dessen Turmzimmer aus man einen atemberaubenden Blick über den See bis hin zu den Alpen genießen konnte. Sein Landschaftsgärtner war der berühmte Peter Joseph Lenné, dessen Rosengarten im Potsdamer Charlottenhof das Vorbild für die Anlage der Roseninsel wurde. Er legte ein Oval mit 2000 Rosensorten an, deren Vielfalt an Farben und Düften die Sinne betörten.

Wer kennt sie nicht, die Botschaft der Rose? Fast jeder Mensch auf dieser Welt weiß, was es bedeutet, rote Rosen geschenkt zu bekommen. Gibt es einen besseren Fingerzeig auf Liebe und Zuneigung? Keine andere Blume verkörpert die Licht- und Schattenseiten dieses Gefühls so eindrucksvoll: in Form, Duft und Farbe der Blüte erzählt sie uns vom Liebesglück und in ihren Dornen zeigt sie uns das Liebesleid. "Keine Rose ohne Dornen", heißt es – und wir meinen damit, dass es kein Licht ohne Schatten gibt, keine Lust ohne Schmerz.

Die Glassäule in der Mitte des Gartens verdient besondere Aufmerksamkeit. Tatsächlich markiert sie nicht nur den Mittelpunkt des Rosenrondells, sondern das Zentrum der Insel als Ganzes. Eine Säule aus Glas trägt die Liebe, die gerade im Begriffe ist, von einem Mädchen eingefangen zu werden. Liebe ist stark, weil sie so zerbrechlich ist, sie hält aus, weil sie so zart ist. Und keiner anderen Macht opfern wir so bereitwillig unsere Freiheit.

Die Säule steht im Mittelpunkt des Gartens und der Insel: alles konzentriert sich auf sie. Spüren Sie für einen Moment dieser zentrierenden Kraft der Glassäule nach. Vielleicht stellen Sie sich vor, wie sich die Kraft der Insel an dieser Stelle bündelt und aus dem Erdreich nach oben steigt entlang der 15 blauen und 15 weißen dünnen Glasröhren, um sich dem Himmel zu öffnen und ihn mit der Erde zu verbinden.

Karte: imago

Länge: 9 Kilometer
Dauer: 2 Stunden Gehzeit
Schwierigkeit: leicht

 


Die Wieskirche zieht täglich viele Besucher an.  Foto: dpa

Übers Hexenmoor zur Zauberwiese

Die Wieskirche, die Kirche an der Wiese, zieht tagaus, tagein Tausende Menschen an. Doch diese Wanderung führt Sie auf besonderen Pfaden zu dieser Perle des Barock, abseits des Trubels geht unser Weg durch eine magische Landschaft, ein nahe gelegenes Hochmoor. Wir kommen in Berührung mit den Kräften der Natur, wie sie aus der Tiefe kommen und der Landschaft ein eigentümliches und sehr heilsames Gepräge geben.

Wir starten unsere Tour vom Parkplatz am Grabensee, südlich vom Ortsausgang Steingaden an der B17. Zunächst müssen wir ein Stück die Straße Richtung Steingaden zurück, wechseln die Straßenseite und folgen dem Gehweg, bis wir rechts in die Schlögelmühlstraße einbiegen. Sie sind richtig, wenn Sie einen Bach überquert haben, der am Ortsende unter der Bundesstraße durchfließt. Die Schlögelmühlstraße gehen wir bis zu ihrem Ende weiter bis sie in einen befestigten Weg übergeht, den Prälatenweg. Diesem folgen wir.

Dann queren wir eine eingezäunte Weide, tauchen in den Wald ein und treffen auf einen Forstweg, den wir nach rechts abbiegen. Nun führt unsere Wanderung durch Wald, bis nach etwa 400 Metern ein schmalerer Wanderweg kreuzt, der nach links Richtung Wies weist. Wir folgen dieser Beschilderung zur Wieskirche und biegen nach links ab auf den "Brettlesweg", der uns nach wenigen Schritten auf schwankenden Bohlen über das Naturschutzgebiet des Wiesfilz führt. Schon bald ragt unser Ziel über den Hügeln auf: die berühmte Wieskirche.

Ihre Geschichte beginnt nicht etwas dort oben, sondern in der kleinen Kapelle, der Erhörungskapelle. Es ist die erste Heimstätte des Gnadenbildes vom Gegeißelten Heiland. Im Jahre 1730 wurde dieses Bild für die Karfreitagsprozession in Steingaden gefertigt, dann aber für nicht schön genug befunden und auf einem Dachboden verstaut. Über Umwege kam es in den Einödhof in der Wies.

Am 14. Juni 1738 bemerkte die Bäuerin Maria Lory Tränen in den Augen des Gegeißelten Heilands. Dieses Wunder wurde zum Beginn einer europaweiten Wallfahrtsbewegung. Zunächst fand das Gnadenbild Platz in der kleinen Kapelle, aber der Platz reichte bald für die Pilger nicht mehr aus und der Abt von Steingaden entschloss sich zum Bau der Wieskirche, die zwischen 1746 und 1754 von den Gebrüdern Zimmermann aus Wessobrunn geschaffen wurde.

Was war zuerst da? Die Kirche oder der Kraftort? Diese Frage ist in diesem Falle nicht leicht zu beantworten. Ohne die Wieskirche gäbe es diesen wundervollen Ort nicht – aber nur an diesem zauberhaften Ort konnte diese Kirche entstehen.

Karte: imago

Länge: 12,5 Kilometer
Dauer: 3,5 Stunden Gehzeit
Schwierigkeit: leicht

 


Der Wasserfall in der Pähler Schlucht: ein Ort der Liebe. Foto: imago

Rendezvous im Tempel der Natur

Die Eindrücke, die Sie auf diesem Spaziergang durch die Pähler Schlucht sammeln können, werden Sie zutiefst berühren, denn am Ende des Weges erwartet Sie eine berauschende Begegnung in einem wahren Tempel der Natur, einem Kraftort der Liebe.

Wir starten unseren Spaziergang am Eingang zur Schlucht, dort wo die Monatshausener Straße auf die Sternstraße trifft. Der Weg ist gekennzeichnet und führt uns auf den ersten 200 Metern zunächst ein Stück bergauf, bis wir in die eigentliche Schlucht eintauchen. Links unter uns rauscht der Burgleitenbach. Links auf der anderen Seite des Tals ragen die Türme des Pähler Schlosses aus dem Wald und geben der Szene einen märchenhaften Anstrich.

Am Aufgang zur Hirschberg Alm vorbei wandern wir durch einen herrlichen Urwald aus Buchen und anderen Laubbäumen, die ihr grünes Blätterdach über uns ausbreiten und die Umgebung in ein diffuses Licht tauchen. Nun geht es nur noch leicht bergan, aber der Weg erfordert unsere Aufmerksamkeit, denn es geht über Wurzeln und Steine.

Der Pfad wird an manchen Stellen so unwegsam, dass wir uns an Wurzeln und Steinen festhalten müssen, um vorwärts zu kommen. Dann bricht er plötzlich ab und Felsen versperren uns den Weg. Auf der anderen Seite ist auszumachen, dass es weitergeht, und so wechseln wir das Bachufer an einer Furt, springen von Stein zu Stein. Auf der anderen Seite setzen wir unseren Weg fort, der uns immer weiter in ein wahres Naturparadies führt. Wenn wir genau hinhören, können wir schon ein Rauschen ausmachen, dem wir uns Schritt für Schritt nähern, bis wir unser Ziel erreicht haben: den Wasserfall.

Das Wasser des Baches stürzt hier aus 16 Metern Höhe in die Tiefe. Er ergießt sich über eine Tuffsteinnase in eine Becken, das eingefasst ist in ein großes Rund aus Nagelfluh und wie die Schichten eines verfallenden Tempels aus fernster Vergangenheit wirkt.

Wenn wir in den Nachmittagsstunden hier angekommen sind, erleben wir, wie das Licht der Sonne auf das herabfallende Wasser strahlt. Das Wasser macht diesen Ort zu einem Kraftort der Liebe. Die Kraft, die wir hier erfahren können, trägt den Charakter der Verbindung: Die Grenzen zwischen mir und der Welt werden durchlässiger und verschwinden sogar. Orte der Liebe laden uns ein, mit etwas Größerem zu verschmelzen. Wir verlassen sie oft mit einem Gefühl, das der Trennung von einem geliebten Menschen gleicht: Wir blicken zurück und mit jedem Schritt, der uns von ihnen fort bringt, wächst die Sehnsucht, wieder zurückzukehren.

Karte: imago

Länge: 2 Kilometer
Dauer: 1,5 Stunden Gehzeit
Schwierigkeit: mittel

merken
Nicht mehr merken
X

Sie haben den Inhalt der Merkliste hinzugefügt.