Opfer seiner Zivilcourage: Einer wie Dominik Brunner

Zusammengetreten wie der Manager aus Solln: Der Russe Daniil Safin zeigte Zivilcourage und wurde halbtot geprügelt – Maria Furtwängler bittet jetzt um Hilfe.
München - Klavier spielen, das war seine große Leidenschaft. Schon als Kind klimperte er die Tasten rauf und runter. Später ging Daniil Safin an die Musikhochschule, studierte dort in der Klavierklasse. Nebenbei boxte er, spielte Tennis – war sogar der Champion seiner russischen Heimatstadt Beresniki. Nach dem Musikstudium schrieb er sich für Jura ein. Seine Freundin unterstützte ihn, sie wollten heiraten. Doch dann kam der 15. Oktober 2011. Jenem Tag, an dem der 25-Jährige Zivilcourage zeigte und dafür ins Koma geprügelt wurde.
Mit belegter Stimme erzählt Daniils Mutter, Larissa Safin, wie die Zukunft ihres Sohnes, zerstört wurde. Die Geschichte ähnelt der von Dominik Brunner, der vor drei Jahren sterben musste, weil er Schüler vor Gewalttätern beschützen wollte. Auch deswegen unterstützt die Münchner Dominik-Brunner-Stiftung jetzt die Familie – ungeachtet der Tatsache, dass sich das Verbrechen in 4000 Kilometer Entfernung ereignet hat. Um den Klinikaufenthalt in Bonn weiterhin zu finanzieren, hat gestern sogar die Schauspielerin und „Tatort“-Kommissarin Maria Furtwängler in München um Spenden gebeten.
Wie Brunner wurde auch Daniil angegriffen, weil er anderen half. Er war auf einer Geburtstagsparty, als ihn eine Bekannte anrief. Drei Männer belästigten sie und ihre zwei Freundinnen sexuell, schlugen auf sie ein. Daniil packte einen Freund und fuhr zu ihnen. Noch bevor sie eingreifen konnten, prügelten die Männer drauf los. Daniils Freund wurde bewusstlos. Auch Daniil verprügelten sie, bis er ohnmächtig wurde. Dann sprang einer der Täter in die Höhe und mit seinem ganzen Gewicht auf Daniils Kopf.
Daniil kam mit einem zerschmetterten Schädel in die Notaufnahme. Die Ärzte gaben ihm keine Überlebenschance, seitdem liegt er im Wachkoma. Larissa Safin brachte ihren Sohn auf eigene Kosten in die Klinik nach Moskau. Doch auch da schrieben ihn die Ärzte ab. Aus dem einst fitten, 1,82 Meter großen Mann war mit der Zeit ein abgemagerter, 27 Kilogramm schwerer Mensch geworden. „Wir hätten ihn zum Sterben nach Hause nehmen müssen“, sagt Larissa Safin. Für Patienten wie ihn gebe es in Russland keine Behandlungsmethoden.
Die Familie war verzweifelt, kratzte alles Geld zusammen und brachte Daniil nach Deutschland. Seit sieben Monaten liegt er in der Rehaklinik Bad Godesberg bei Bonn. Sein Zustand ist stabiler. Er hat zugenommen, wiegt knappe 70 Kilogramm. Langsam beginnt der Wachkoma-Patient, auf seine Verwandten zu reagieren. Doch bis zu seiner Genesung ist es noch ein langer und vor allem teurer Weg. Ein Krankenhaus-Tag kostet die Familie über 800 Euro. Bisher finanzierte das die Familie mit Spendengeldern aus Russland. Das Geld reicht allerdings nur noch zwei, drei Monate und die Behandlung wird noch mindestens bis Mitte 2013 nötig sein. Und auch danach wird Daniil ein Pflegefall bleiben, sein Leben in einem Rollstuhl verbringen müssen.
Geld von den Tätern kann die Familie nicht erwarten. „Die drei Männer waren gut betucht und wurden von hochgestellten Leuten gedeckt“, sagt Larissa Safin. Die Täter tauchten vier Monate unter, als sie vor Gericht gestellt wurden, waren die einst vermögenden Männer plötzlich mittellos. Sie wurden zu Haft und Zwangsarbeit verurteilt – der karge Lohn dafür geht an die Familie ihres Opfers, reicht aber natürlich nicht, um die Behandlung zu zahlen.
Unterstützung kommt nun von der deutschen Dominik-Brunner-Stiftung. Schirmherrin Maria Furtwängler ruft auch die Münchner auf, für Daniils medizinische Betreuung zu spenden. „Die physischen, psychischen und finanziellen Belastungen für die Familie sind fast unmenschlich“, sagt Furtwängler. Dass das Leben einer ganzen Familie durch die Folgen einer zivilcouragierten Tat aus den Fugen gerät, sei erschütternd. „Für sie wird das Leben nie wieder so sein, wie es einmal war“, sagt Furtwängler. „Deshalb wollen wir zeigen, dass Menschen nicht fallen gelassen werden, wenn sie Zivilcourage leisten und sich für andere in Gefahr begeben.“
StadtsparkasseMünchen, BLZ 701 500 00, Konto 88 88 00, Kennwort „Daniil Safin“
Zum Andenken an den toten Manager Brunner
Aufklärung über Zivilcourage, Prävention von Gewalt und Hilfe von Opfern – das hat sich die Dominik-Brunner-Stiftung zur Aufgabe gemacht. Sie wurde 2009 zum Andenken an den Münchner Manager, Dominik Brunner, gegründet, der als Helfer mit Zivilcourage am 12. September 2009 Opfer eines brutalen Gewaltverbrechens wurde.
Noch im selben Jahr wurde die Stiftung bürgerlichen Rechts durch die Regierung von Niederbayern offiziell anerkannt. Seitdem finanziert die Stiftung sich über Spenden und versucht, mit Plakataktionen, Anti-Aggressionstrainings oder Schulvorträgen über Zivilcourage zu informieren und Gewalt entgegen zu wirken. Auf ihrer Internetseite (www. dominik-brunner- stiftung.de) informiert die Stiftung über Verhaltensregeln bei Angriffen und berichtet auch über andere Fälle von Zivilcourage.