Opernarien mit Schlager-Qualität

Cellist Jan Volger spielt heute im Herkulessaal ein ungewöhnliches Programm - und spricht mit der AZ über Visionen, Gelassenheit und seine Lieblingsstücke.
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Er liebt die Tangos von Piazzolla: Cellist Jan Vogler.
Sarah Small/Sony Er liebt die Tangos von Piazzolla: Cellist Jan Vogler.

Cellist Jan Volger spielt heute im Herkulessaal ein ungewöhnliches Programm - und spricht mit der AZ über Visionen, Gelassenheit und seine Lieblingsstücke.

Er pendelt zwischen New York und Dresden, wo er als Intendant der Musikfestspiele wirkt. Auch sonst mag Jan Vogler keine Grenzen: Auf seiner nächsten Platte steht Schostakowitsch neben Jimi Hendrix. Heute stellt er im Herkulessaal mit den Dresdner Kapellsolisten seine Lieblingsmelodien vor.

AZ: Herr Vogler, warum spielen Sie lauter Schnipsel?

JAN VOGLER: In kurzen Stücken kommen die Stärken des Cellos besonders gut heraus. Das Konzert gibt einen Überblick über die unglaublichen Möglichkeiten meines Instruments. Außerdem passt dieses Programm besser in die Faschingszeit als ein puristischer Sonatenabend.

Sie beginnen mit Bach, aber ausnahmsweise mit Carl Philipp Emanuel.

Er komponierte das modischste, mondänste und virtuoseste Cellokonzert des 18. Jahrhunderts. Der langsame Satz ist ausdrucksstark wie eine Opernarie von Gluck. Das Finale hat Schlager-Qualität. Sogar meine fünfjährige Tochter drückt da auf die Wiederholungstaste des CD-Spielers.

Im zweiten Teil spielen Sie lauter Bearbeitungen.

Das ist ein Best-of-Programm meiner Lieblingsstücke – lauter Melodien, die ich mir sogar anhöre, wenn Sie in einer Einkaufspassage gespielt werden. „Salut d’amour“ ist eigentlich ein Geigenstück, das Edward Elgar für seine Frau und Muse komponiert hat. Ich liebe Henry Mancinis „Moon River“. Im Film wird das Lied von Audrey Hepburn gesungen. Das „Andante cantabile“ stammt aus einem Streichquartett von Tschaikowsky. Davidoffs „Der Springbrunnen“ ist ein virtuoses Stück für Cello, aber die Klavierbegleitung ist etwas dürftig. Mit Streichern klingt es besser.

Sie werden von ehemaligen Kollegen aus der Staatskapelle begleitet.

Helmut Branny ist Kontrabassist und ein sehr begabter Dirigent. Er hat das Ensemble 1994 gegründet.

Sie spielen auf der Montagnana „Ex-Hekking“ von 1721. Wie wichtig ist das Instrument für Sie?

Rostropowitsch spielte noch auf einem Stradivari-Cello. Der Klang einer Montagnana ist lauter und kräftiger. Deshalb werden diese Instrumente für große Säle bevorzugt. Leider sind nur 20 dieser Cellos erhalten. Meines gehörte einmal dem französischen Militär-Attaché in Berlin. Er riet Napoleon III. dringend ab, 1870 die Preußen anzugreifen. Aber niemand hat auf ihn gehört.

Warum tun Sie sich neben Ihrer Solo-Karriere auch noch die Intendanz der Dresdner Musikfestspiele an?

Es hält den Horizont offen. Beim Arbeiten mit Musik aller Art kommen mir gute Ideen. Jascha Heifetz hatte immer nur seinen Geigenkasten. Cellisten haben Visionen: Pablo Casals dagegen gründete Orchester, schrieb ein Oratorium und engagierte sich für den Frieden. Etwa in meinen Alter hat Rostropowitsch mit dem Dirigieren begonnen. Das reizt mich nicht. Aber das Organisieren steigert meine Gelassenheit als Solist.

Im Mai bringen Sie in der musica viva ein Cellokonzert von Udo Zimmermann zur Uraufführung. Ist es schon fertig?

Viel mehr als den Titel „Lieder von der Insel“ kenne ich noch nicht. Zimmermann hat lange kaum etwas komponiert. Ich hoffe, dass der Knoten platzt. Der Titel klingt jedenfalls sehr poetisch und nach einem eher kleinteiligen Werk. Lieder passen sehr gut zu meinem Instrument: Ich bin gespannt.

Robert Braunmüller

Herkulessaal, Beginn: 20 Uhr, Karten von 24 bis 70 Euro an der Abendkasse (ab 19 Uhr)

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