Onlinedienst warnt Schwarzfahrer

Im Internet weisen über 7000 Freiwillige auf die Männer und Frauen in Uniform oder Zivil hin. Wie das System läuft, was der MVV sagt.
von  Anne Kathrin Koophamel
So sieht der Service im Internet aus: Ständig trudeln neue Hinweise auf Kontrolleure ein.
So sieht der Service im Internet aus: Ständig trudeln neue Hinweise auf Kontrolleure ein. © ddp/Screenshot

Im Internet weisen über 7000 Freiwillige auf die Männer und Frauen in Uniform oder Zivil hin. Wie das System läuft, was der MVV sagt

München - Am Morgen geht es Schlag auf Schlag: „Tram 27. Schellingstraße. Richtung Stachus“, schreibt Tobias auf dem Internet-Portal Facebook. Wenig später ergänzt Gabriel: „Tram 27 ab Kurfürstenplatz“, Maxi sieht zwei Uniformierte in der S1, Florian drei Zivil-Kontrolleure in der S3 und Uli eine blonde Frau mit Kollegen, die am Mangfallplatz die Tickets überprüfen.

„MVV Blitzer“ nennt sich der neue Dienst im Internet, der Fahrgästen von Bus, Tram, S- und U-Bahn warnt, wann und wo kontrolliert wird. Sogar kurze Personenbeschreibungen wie „gestreiftes T-Shirt“ oder „blonde, kurze Haare“ gibt es, damit die Nutzer die Kontrolleure besser am Bahnsteig und den Waggons erkennen können.

Gegründet hat das Portal ein Münchner Student. Die Idee kam dem Informatiker mit Freunden – als man sich gemeinsam über die zu hohen Ticketpreise ärgerte. „Ich fahre systematisch schwarz“, sagt der junge Mann, der anonym bleiben will, auf AZ-Anfrage. „Mit etwas Taktik und Aufmerksamkeit kann man gut Kontrollen aus dem Weg gehen.“

Die U2 und U5 werden seiner Meinung nach häufiger überprüft als etwa die U1 und U4, Kontrollen in der U-Bahn kommen öfter als in der Tram. Lese man den Warndienst regelmäßig, lassen sich häufig überprüfte Routen vermeiden. Wer mobiles Internet auf dem Handy hat, kann bei einer Warnung sofort reagieren – und umsteigen. So könne man bewusst Kontrollen aus dem Weg gehen.

„Aus einem kleinen Hobby-Projekt ist etwas Großes geworden“

Vorbild des Facebook-Diensts sind die Radiomeldungen über Blitzer im Straßenverkehr, daher auch der Name „MVV Blitzer“. „Zunächst hatte die Seite nur wenige Fans“, sagt der Student. Der Service war auch nicht wirklich gut, „denn nur mit vielen Leuten klappt das“.

Doch plötzlich, an einem Samstagmorgen, vor ein paar Wochen, hatte die Seite 2000 Fans, die warnten. Diese Woche hat MVV Blitzer die 7000er Marke geknackt. „Aus einem kleinen Hobby-Projekt ist etwas Großes geworden“, sagt der Besitzer. In der Innenstadt bleibt fast keine Kontrolle mehr ungewarnt.

Wer den Dienst nutzen will, muss nicht einmal – wie 25 Millionen Deutsche – auf Facebook oder Twitter registriert sein. Ein normaler Internetzugang reicht. Wer auf Google „MVV Blitzer“ eingibt, erhält als ersten Treffer die Seite und kann sich informieren.

„Ich möchte den MVV aufrütteln, die Preise zu senken“

Was der MVV vom „Blitzer-Service“ hält? „Solche Versuche sehen wir ganz gelassen“, sagt Sprecherin Bettina Hess der AZ. „Die Meldungen sind – im Gegensatz zu Radarfallen im Straßenverkehr – kurze Momentaufnahmen. Unsere Kontrolleure sind in aller Regel permanent unterwegs und wechseln häufig Züge und Linien.“ Pro Jahr fehlen aber durch Schwarzfahrer Einnahmen von zehn Millionen Euro.

Auch bei „MVV Blitzer“ gibt es Grenzen: Fotos von Kontrolleuren werden nicht gezeigt. Im Kern gehe es nicht darum, die Kontrolleure an den Pranger zu stellen, sagt der Student. „Ich möchte den MVV aufrütteln, die Preise zu senken. Der öffentliche Nahverkehr sollte günstiger sein.“

Die nächste Idee hat der Student auch schon. Er arbeitet an einer statistischen Analyse, wo am meisten kontrolliert wird – eine Art MVV-Blitzeratlas.

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