Ombudsfrau für NSU-Opfer fordert Entschädigung
Die Verschiebung des Prozessbeginns sei eine seelische und organisatorische Zumutung für die Opfer, sagt Barbara John. "Wer das verursacht hat, der muss auch für die Lasten aufkommen".
Berlin - Die Ombudsfrau der Bundesregierung für die Opfer des NSU-Terrors hat vom Oberlandesgericht (OLG) München wegen der Prozessverschiebung erneut eine Entschädigung gefordert. „Ich werde selbstverständlich ans Oberlandesgericht herantreten und sagen: Wer das verursacht hat, der muss auch für die Lasten aufkommen“, sagte Barbara John am Dienstag im Deutschlandradio Kultur.
Die Verschiebung des Prozessbeginns sei eine seelische und organisatorische Zumutung für die Opfer. „Sie haben inzwischen ihr Leben um diesen Prozess herum organisiert“, sagte sie. „Sie fühlen sich wieder nicht ernst genommen.“
Auch von Opfer-Anwalt Mehmet Daimagüler kam scharfe Kritik. „Ich hätte gedacht, dass man eine Lösung finden kann, die nicht dazu führt, dass man das erneut verschieben muss“, sagte er im Inforadio des Hörfunksenders RBB. Seine Mandanten hätten teilweise jahrelang auf den Prozessbeginn gewartet und seien jetzt enttäuscht. Er bezweifelte, dass die Wartezeit bis zum Prozessbeginn etwas nütze. „Wer sagt uns denn, dass in drei Wochen eine Lösung gefunden wird, die trägt?“ Man müsse nicht so tun, als habe es in Deutschland noch nie einen großen Prozess gegeben.
Eva Högl, SPD-Obfrau im NSU-Untersuchungsausschuss, begrüßte die Verschiebung hingegen. Zwar habe sich das OLG München bisher „alles andere als mit Ruhm bekleckert“, sagte sie am Dienstag im Deutschlandfunk. Sie hoffe aber, dass das OLG jetzt sensibler reagiere und sich der Bedeutung des Prozesses bewusst sei.
Der NSU-Prozess sollte eigentlich an diesem Mittwoch beginnen. Nach dem Streit über die Zulassung von Journalisten verschob das OLG München den Prozessbeginn am Montag auf den 6. Mai. Die Plätze für Journalisten werden nach Maßgabe des Bundesverfassungsgerichts neu vergeben.