Olympiastadion: Mal aufs Dach steigen

Hoch hinaus geht es für den Stadtspaziergänger dieses Mal. Die Tour auf einer architektonischen Perle Münchens ist ein wahrer Balanceakt.
Sigi Müller |
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Bestimmt auch ein toller Platz bei einem Konzert, hier oben.
Sigi Müller 3 Bestimmt auch ein toller Platz bei einem Konzert, hier oben.
Zeltdachführerin Julia (rechts) hat allen die Angst genommen.
Sigi Müller 3 Zeltdachführerin Julia (rechts) hat allen die Angst genommen.
Im Südosten erheben sich die Türme des Doms in den dunstigen Himmel.
Sigi Müller 3 Im Südosten erheben sich die Türme des Doms in den dunstigen Himmel.

Olympiapark -  Ich treffe mich am Sonntag um 10 Uhr an der Kasse Nord des Olympiastadion mit Stephie und ihrer Gruppe und Guide Julia. Wir gehen außen am Stadion entlang in einen Raum und schauen dort zunächst mal einen Film über die Geschichte des Olympiaparks an.

Interessante Sache. Die Architektur des Zeltdachs ist einzigartig. Günter Behnisch, der Architekt, hatte die Idee dazu, und es bedurfte einer ungeheueren Rechenleistung, die Statik zu berechnen. Es gab ja keine vergleichbaren Bauten. An 58 Stahlmasten hängt die ganze Dachkonstruktion und trägt über 74 000 Quadratmeter Dach. Alles wurde dann doch noch rechtzeitig zu den XX. Olympischen Sommerspielen 1972 fertig. Pionierarbeit damals.

Jetzt erklärt uns Julia, wie wir mit dem Gurtsystem klarkommen, das wir später auf dem Dach zu unserer Sicherheit tragen.

Los geht’s. Ein bisschen merkt man schon die Aufregung in der Gruppe, aber die ist eigentlich unnötig, die Sache ist ungefährlich. Auf dem Weg zum Aufstieg gibt es von Julia Geschichten von Gruppen, die sie schon geführt hat.

„Einmal“, so erzählt sie, „führte ich eine Gruppe Männer, die sich vom Dach aus abseilen lassen wollten. Harte Kerle – und auf dem Weg hinauf wurde viel gelacht und geprahlt wie babyisch diese Aktion sei, und das man ja schon viel wildere Sachen gemacht hätte.“ Als sie dann allerdings rückwärts ins Leere steigen sollten, um sich im Seil hängend nach unten abseilen zu lassen, blieben dann doch einige sehr, sehr kleinlaut oben. „Das Mütchen war gekühlt“, erinnert sich Julia lächelnd.

Ich selbst war vor einigen Jahren schon einmal mit der Band The BossHoss oben, und kannte mich deswegen ein bisschen aus.

Wir hängen unsere Waldis ein, so nennt man die kleinen Schlitten, die ins Sicherungssystem eingeklinkt werden, benannt nach dem 72er-Maskottchen, und los geht’s.

Das beeindruckende Bauwerk wirkt von oben noch viel besser. Guide Julia gibt uns viele Informationen und ich denke dem einen oder anderen hat sie mit ihrer ruhigen Art auch ein bisschen die Angst genommen. Als sie uns aufmuntert, das Ganze doch mal zum Schwanken zu bringen, wippen alle angstfrei mit.

Die Aussicht ist atemberaubend. Ein wunderbarer Blick über das Stadion. In der einen Richtung die Türme der Frauenkirche, in der anderen das Olympiadorf und der Olympiaturm.

Durch die Plexiglasplatten des Stadiondaches erkennt man unten die Sitze, das Marathontor, durch welches wir Fotografen oft zu den Konzertbühnen gehen. Kurz lasse ich Revue passieren, wen ich hier alles schon fotografiert und gesehen habe. Die Rolling Stones, Tina Turner, Madonna, Bruce Springsteen, Robbie Williams, Bon Jovi, AC/DC, Helene Fischer, Depeche Mode und, und, und ...

Und jetzt stehen wir hier oben. Das Stadion ist leer, bis auf einige Besucher. In der Arena spielen fünf Leute auf eine Torwand, ein bisschen verloren sehen sie von oben aus. Ein Pärchen sitzt ganz alleine zwischen Tausenden leeren Plätzen. Fast so als wollten sie auf jeden Fall rechtzeitig zum nächsten Konzert da sein und sich die beiden besten Plätze sichern. Nach der Hälfte des Weges reißt plötzlich der Himmel auf und die Sonne kommt durch, taucht alles in ein schönes Licht.

Wir gehen weiter auf dem Weg, unsere Sicherungsschlitten, die wir wie einen Hund an der Leine führen, scheppern wenn wir sie um Kurven lenken müssen und irgendwann ist die Tour zu Ende. Schade.

Ich habe allerdings schon was Neues entdeckt. Flying Fox heißt das Ganze. Man hängt an einem Stahlseil und saust daran über das Stadion nach unten. Wenn ich mich traue, werde ich irgendwann davon berichten. Wenn ich mich traue.

In diesem Sinne eine schöne Woche!

Ihr Sigi Müller

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