OLG München: Prozess um aggressiven Hahn endet mit Vergleich

Der Hahn attackierte sein Opfer auf einer Straße in Egmating. Er ist inzwischen geschlachtet, der Fall landet vor Gericht – schon zum zweiten Mal.
John Schneider, Julia Sextl |
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Ein tierischer Prozess um einen aggressiven Hahn ging vor dem OLG München in die zweite Runde.
dpa Ein tierischer Prozess um einen aggressiven Hahn ging vor dem OLG München in die zweite Runde.

Der Hahn attackierte sein Opfer auf einer Straße in Egmating (Landkreis Ebersberg). Er ist inzwischen geschlachtet, der Fall landet vor Gericht – schon zum zweiten Mal.

Ebersberg - Wäre es nicht so schlimm für den Mann ausgegangen – es wäre eine urkomische Geschichte, die sich Mitte Juli vor viereinhalb Jahren in Egmating (Landkreis Ebersberg) zugetragen hat: Ein wild gewordener Gockel war auf die Straße spaziert und hatte dort einen Mann angegriffen. Nach Darstellung des heute 53 Jahre alten Opfers kam die Attacke wie aus dem Nichts.

Flügelschlagend stürzt sich der Hahn auf ihn

Das sehr aggressive und wilde Tier habe sich gegen 8.20 Uhr auf ihn gestürzt. Er versuchte noch, sich vor dem Hahn zu retten. Dabei stolperte er rückwärts, erwischte mit einem Fuß unglücklicherweise die Straßenkante, verlor das Gleichgewicht und fiel hin. Dabei kam es zu einem Bruch im Lendenwirbelbereich. Obwohl der Mann bereits am Boden lag, ließ der Gockel nicht von ihm ab. Flügelschlagend und wild kreischend folgten immer wieder neue Angriffe. Nur mit knapper Not und unter massivsten Schmerzens sei es ihm gelungen, sich in das nächstgelegene Haus zu retten, sagte der Mann schon vor einem Jahr vor dem Münchner Landgericht aus. Er hatte gegen die Eigentümer des Tieres geklagt.

An seiner Verletzung sei allein der Gockel schuld, so die Meinung des Opfers. Mangels geeigneter Umzäunung habe sich das Tier frei auf dem ländlichen Anwesen bewegen können, obwohl auch in der Nachbarschaft schon bekannt gewesen sei, dass der Gockel vermehrt ein auffallendes und aggressives Verhalten an den Tag gelegt habe. Das damalige Urteil: Schmerzensgeld von 10.000 Euro, außerdem müssen die Halter des Gockels für sämtliche materielle und immaterielle Folgeschäden des Opfers aufkommen.

Dabei hatten die Tierhalter den vom Opfer geschilderten Sachverhalt bestritten: Es sei zwar zutreffend, dass Hühner und Hahn auf ihrem Grundstück – wie ortsüblich – frei herumlaufen könnten. Dass aber ausgerechnet ihr Gockel für den Sturz und die Verletzungen ursächlich gewesen sei, sei nicht belegt. Es gäbe viele Möglichkeiten, wie der Mann gestürzt sein könnte. Außerdem habe der Kläger eine Mitschuld: Weil die Straßenbauarbeiten in der Nähe ihres Grundstücks – das Opfer war an dieser Baustelle als Bauaufseher tätig – bereits drei Wochen andauerten, sei der Hahn dem Mann bereits bekannt gewesen. Bei entsprechender Vorsicht wäre ein Sturz vermeidbar gewesen. Dennoch akzeptierten sie das Urteil.

Zweite Runde im Gockel-Prozess

Das Opfer gab sich damit nicht zufrieden – der Mann hatte ursprünglich ein Schmerzensgeld von 18.000 Euro gefordert, weil er massive Schmerzen gehabt habe, ein Korsett tragen musste und durch den Vorfall psychisch belastet sei. Darüber hinaus wollte er Schadensersatz von rund 12.000 Euro, unter anderem für seinen Verdienstausfall. Er legte Berufung gegen das Urteil der ersten Instanz ein. Am Mittwoch folgte nun die Verhandlung in zweiter Instanz vor dem Münchner Oberlandesgericht zum geforderten Schadensersatz. Diesen hatte das Landgericht vor einem Jahr nicht zuerkannt, weil das Opfer dazu nicht ausreichend Belege vorgelegt hatte. Der 53-Jährige schildert vor Gericht, dass er Probleme beim Bücken oder Tragen hat. Schneeschaufeln gehe gar nicht. Er bekomme deswegen immer noch Physiotherapie. Seinen Nebenerwerb als Hausmeister musste er aufgeben.

Der OLG-Senat schlägt einen Vergleich vor. 25.000 bis 30.000 Euro, dafür sind alle Ansprüche abgegolten. Die Parteien einigen sich schließlich auf 27.500 Euro, die auf die 10.000 Euro Schmerzensgeld aus der ersten Instanz noch draufgepackt werden. Damit ist die Sache erledigt und es muss kein Gutachter damit beauftragt werden, herauszufinden, ob die körperlichen Beschwerden in jedem Fall auf die Hahn-Attacke zurückzuführen sind.

Den Gockel hat seine Attacke das Leben gekostet. Die Tierhalter haben ihn geschlachtet. „Und die Hühnerhaltung haben wir ganz aufgegeben“, erklären sie nach der Verhandlung.

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