Oktoberfestattentat: Anwalt fordert Hilfe für Opfer

München – Elf Überlebende verloren Hände oder Füße, Arme oder Beine – die Gliedmaßen wurden von der Bombe zerfetzt, mussten amputiert werden. 20 Oktoberfestbesucher erlitten am 26. September 1980 schwere Organschäden durch herumfliegende Splitter oder großflächige Brandverletzungen.
40 Jahre, nachdem der Rechtsterrorist Gundolf Köhler eine Handgranate auf der Festwiese zündete, leiden Dutzende Menschen auch heute noch massiv unter den Folgen. Mehr als 200 Menschen wurden damals verletzt, 67 von ihnen schwer. Zwölf Oktoberfestbesucher wurden getötet. Eine staatliche Entschädigung für das erlittene Leid gab es für die Verletzten von damals aber nicht.
"Es geht auch um das Ansehen der Bundesrepublik"
Noch nicht einmal alle Kosten für notwendige Hilfsmittel, Kuren und Behandlungen wurden bis vor zwei Jahren übernommen. "Das summiert sich im Lauf der Jahre", sagt Renate Martinez (73). Ihr Lymphsystem wurde dauerhaft geschädigt, zudem ist sie gehbehindert. "Ich habe nie einen Pfennig vom Staat bekommen", sagt die 73-Jährige.
Der Münchner Rechtsanwalt Werner Dietrich fordert einen Fonds für die Betroffenen, in den Bund, Freistaat, Stadt und auch die Wiesnwirte und "Festzeltbetreiber" einzahlen: insgesamt etwa 6,5 bis sieben Millionen Euro. Dies schrieb er im Juni an OB Dieter Reiter (SPD), Ministerpräsident Markus Söder (CSU) und Bundesjustizministerin Christine Lambrecht (SPD).
In dem Brief heißt es: "Ich meine, dass man der Leidensgeschichte der Opfer, der Bedeutung des Ereignisses für das Oktoberfest, die Stadt München, aber auch für den Freistaat und das Ansehen der Bundesrepublik insgesamt nur gerecht werden kann, wenn jetzt, wenn auch zu später Stunde, für die noch lebenden Opfer ein materieller Entschädigungsfonds mit großzügiger und schneller Auszahlung errichtet wird."
Anwalt schätzt: Noch 70 bis 100 anspruchsberechtigte Opfer
Von den Menschen, die damals bei dem Attentat verletzt wurden, sind einige heute hochbetagt, viele bereits verstorben. Der Anwalt nimmt an, dass noch etwa 70 bis 100 Menschen leben, die anspruchsberechtigt sind. Ihre Kontaktdaten stehen in den Ermittlungsakten.
In dem Schreiben betont Dietrich, dass sich seit dem Attentat nur die Stadt München als einzige öffentliche Körperschaft zu ihrer Verantwortung bekannt habe und aktiv geworden ist. Denn seit 2018 gibt es wenigstens einen Unterstützungsfonds. Er wird von der Beratungsstelle Before verwaltet. 100.000 Euro hat die Stadt dafür bewilligt. Mit dem Geld werden Rollstühle, Gehhilfen oder Kuren gezahlt, die die Betroffenen sonst selbst zahlen müssten. Dietrich: "Mit einem Ausgleich für 40 Jahre zerstörtes Leben hat das aber nichts zu tun."
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