Wiesn: Wirt will 0,75-Liter-Maß erstreiten

München - 19 Jahre lang war Walter Hödl (68) Festwirt auf dem Bad Füssinger Volksfest. In einem Jahr – das war 1995 – hat er eine Revolte angezettelt und so 25 Prozent mehr Bier verkauft. Damals hatte er die Dreiquartel-Maß verkauft, 0,75-Liter-Maßen ausgeschenkt.
Damals war das nicht erlaubt, doch eine EU-weite neue Schankgefäßverordnung würde das jetzt möglich machen – auch auf der Wiesn. Denn laut der neuen Verordnung dürfen Krüge jetzt mehr als einen Füllstrich haben.
Hödl: "Eine Maß, also einen Liter, will doch niemand"
Walter Hödl hatte für diese Novellierung gekämpft. "Eine Maß, also einen Liter, will doch niemand", sagt Hödl. "Das funktioniert doch nur, weil eh nie ein ganzer Liter drin ist." Hödl argumentiert, dass das letzte Quartel meist nur noch lack getrunken wird – wenn überhaupt.

Deshalb fordert er, dass insgesamt drei Füllstriche am Krug den Volksfestbesuchern die Wahl lassen, ob sie eine Maß (1 Liter), eine Schaumige (0,75 l) oder eine Halbe (0,5 l) trinken. "Dann bekommt jeder Gast auch das, was er wirklich bestellt hat", sagt Hödl.
Baumgärtner: Eine Schaumige wäre die Alternative
"Auf der Wiesn gibt's a Maß Bier", sagt Wiesnchef Clemens Baumgärtner (CSU). "Das trägt auch zur Geschwindigkeit bei", und meint damit die Bedienungen, die öfter laufen müssten, wenn sich Hödls Idee durchsetzt. Außerdem: "Wer auf der Wiesn eine Schaumige trinken möchte, kann sich eine Schaumige bestellen."
Für die Schaumige zahlt der Gast auf der Wiesn aber den gleichen Preis wie für einen Liter Bier. Eine Ungerechtigkeit, findet Hödl. Deshalb hat er bei der Staatsanwaltschaft München I Anzeige gegen die Brauereien erstattet. Der Vorwurf: "Begünstigung zum wiederholten, vorsätzlich und fortgesetzten Schankbetrug".
Dreiquartel-Maß beschäftigt die Staatsanwaltschaft
Seine Argumentation: Die Brauereien lassen keine drei Füllstriche auf die Maßkrüge drucken, um schlecht gefüllte Biere nicht so leicht erkennbar zu machen. Und in den Brauereiboxen würden Schaumige ausgeschenkt, die auch als Schaumige abgerechnet würden, was eine Ungleichbehandlung wäre.
Die Sprecher von Hofbräu und Schottenhamel streiten ab, dass in den Brauereiboxen anders abgerechnet wird. Auch weitere Recherchen der AZ haben keinen Hinweis darauf ergeben. Die Staatsanwaltschaft prüft, ob ein Ermittlungsverfahren einzuleiten ist.
Womöglich wird Hödl aber die Wirte noch überzeugen können. Als die AZ Wirtesprecher Christian Schottenhamel vom Erfolg des 0,75-Maß-Experiments erzählt – ein Viertel mehr Bierumsatz – sagt der: "Für Tipps, wie ich einen höheren Bierumsatz mache, bin ich immer dankbar. Ich sollte den Herrn nach der Wiesn mal kontaktieren."