Wiesn - eine Frage der Technik
Ob ein alter Siemens-Motor aus den 30er Jahren oder die zwei 600-PS-Kraftpakete, – die AZ wagt einen Blick hinter die Kulissen
München So hat alles angefangen: Drei rostige Metallplatten tauchen in ein Salzwasserbecken aus Holz, so groß wie ein Biertragl. Schon fließt der Strom, das alte Karussell aus den 30er Jahren wirbelt im Kreis. Die Besucher juchzen.Millionen Menschen tummeln sich jedes Jahr auf der Wiesn, Kettenkarussell und Co. sich drehen und blinken, braucht es ausgefeilte Technik.
Gleich neben der Oidn Wiesn und den Relikten aus dem letzten Jahrhundert schaufelt ein Klassiker die Menschen in 50 Meter Höhe. Das Riesenrad auf dem Oktoberfest gehört zu den beliebtesten Attraktionen – und das schon seit 1979. Bis zu 400 Personen gleichzeitig kann das Riesenrad stemmen, über 500 Tonnen Gewicht. Der Muskel hinter diesem Kraftakt quetscht sich in einen unscheinbaren Schiffs-Container unter der gläsernen Fahrerkabine: außen bunt bemalt, innen High-Tech.
Aus den Wänden winden sich Kabel, rote Kontrolllampen blinken. Es könnte ein Serverraum von Google sein. Antrieb, Bremsen, Stromversorgung – hier läuft alles zusammen.
Doch die Technik darf über eines nicht hinwegtäuschen: Riesenradfahren ist und bleibt Handarbeit. Betreiber Eggert Vogel sagt: „Das Wichtigste ist die Balance, so dass überall etwa gleich viele Menschen sitzen und gleich schwere.” Dabei könne keine Software und kein Computer helfen. „Riesenradfahren braucht Erfahrung.”
Auf Erfahrung kann auch Joachim Löwenthal nicht verzichten, auf Technik auch nicht. In seiner Wildwasserbahn platschen die Besucher über steile Rampen in Wasserbecken. Die Becken, ein nasser Spaß für seine Gäste, müssen gleichzeitig auch die Boote bremsen. „Wenn der Wasserstand nur um einen Zentimeter abweicht, kann das schon zu Unfällen führen”, sagt Löwenthal. Sobald ein Boot zu schnell oder zu langsam unterwegs ist, kann es leicht passieren, dass ein anderes ungebremst ins Heck kracht. Dafür überwachen 100 Lichtschranken den Parcours. Fünf Pumpen sind bereit, jederzeit die insgesamt 1000 Tonnen Wasser umzuwälzen, den Pegel zu senken oder anzuheben.
Der Freefall-Tower gehört zu den spektakulärsten Attraktionen auf der Wiesn. Die Gäste stürzen 66 Meter in die Tiefe, freier Fall. Was für die einen der totale Kontrollverlust ist, ist in echt das Gegenteil: Zwei Motoren, jeder mit über 600 PS im Kreuz, pumpen die Gondel in die Höhe. Sechs Scheibenbremsen, jede hat ein Meter im Durchmesser, federn sie wieder ab. Wie gesagt: Alles eine Frage der Technik.
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