Wie wird man Wiesn-Wirt? So klappt’s!

Das (fast) Unmögliche bleibt unmöglich. Die Stadt will neue Regeln für die Vergabe der Wiesn-Festzelte einführen. Neubewerber haben damit künftig kaum noch eine Chance.
von  Irene Kleber
Das Marstall kam 2014 als neues Festzelt dazu - jetzt sollen sich die Bestimmungen für die Lizenzverteilung ändern.
Das Marstall kam 2014 als neues Festzelt dazu - jetzt sollen sich die Bestimmungen für die Lizenzverteilung ändern. © dpa

München - Als Siegfried Able im Frühjahr den Zuschlag für sein Marstall-Festzelt auf der Wiesn bekam (als Nachfolger für Sepp Krätz, der sein Hippodrom abgeben musste), war das Geschrei groß. Ein kleiner Wirt sahnt mehr Punkte ab, als altgediente Großzelt-Wiesnwirte? Da sei nicht alles mit rechten Dingen zugegangen, wurde stadtweit gelästert, unterstellt wurde sogar, dass Bestechungsgelder geflossen sein müssen.

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Die Stadtverwaltung dementierte erbost. Immerhin, der Eklat hat dazu geführt, dass die Stadt nun eins ihrer bestgehüteten Geheimnisse lüftet: das Bewertungssystem für die Frage, wer Wirt auf der Wiesn werden und also auf dem Oktoberfest Millionen verdienen darf – und wer leer ausgeht.

Neun der 14 großen Festzelte haben traditionsgemäß einen festen Platz. Fünf Großwirte aber müssen sich jedes Jahr neu bei der Stadt um den begehrten Standplatz bewerben. Jetzt liegt der Entwurf der Verwaltung zu einem Kriterienkatalog vor. Heute hätte der Stadtrat darüber entscheiden sollen. Doch CSU-Wiesnstadtrat Georg Schlagbauer sieht noch „Redebedarf mit allen Beteiligten“ – und will die Angelegenheit vertagen lassen.

Laut dem Vorschlag der Verwaltung gibt es 13 Bewertungskategorien. In jeder Kategorie können die Bewerber 0 bis 11 Punkte bekommen. Die werden dann noch – je nach Wichtigkeit der Kategorie – mit dem Faktor 2 oder 4 gewichtet. Noch immer gibt es demnach Spielraum bei der Punktevergabe.

Klar ist allerdings: Wer als Neuling ein Wiesnzelt ergattern will, wird es mit diesen Kriterien noch schwerer haben, an den Platzhirschen vorbei zu ziehen.

Und sollen die Richtlinien zur Vergabe ausschauen:

1. Vertragserfüllung - Faktor 2, heißt: hier zählen die Punkte doppelt

Gleich mal eine Kategorie, in der altgediente Wirte künftig die besseren Karten haben: Hier wird gewertet, wie gut die Betriebsvorschriften eingehalten wurden und wie oft es Beschwerden zum Zeltbetrieb gegeben hat. Neu-Bewerber bekamen bislang hier pauschal 5 Punkte (weil ja noch keine Beurteilungen vorliegen konnten). Künftig bekommen sie 0 Punkte. Wer schon ein Wiesnzelt hatte, bekommt 6 bis 11 Punkte – je nachdem, wie oft es Beanstandungen gab.

2. Volksfesterfahrung - zählt doppelt

Maßgeblich sind hier die Jahre, die ein Wirt aktiv auf einem Volksfest vertreten war – der bloße Besitz einer Reisegewerbekarte ist nicht ausschlaggebend.

3. Sachkenntnis - zählt doppelt

Hier wird die Ausbildung des Wirts bewertet. Für eine abgeschlossene Gastro- oder Hotel-Lehre gibt es 5 Punkte, für jeweils fünf Jahre als selbstständiger Gastwirt oder für Schulungen oder Fortbildungen gibt’s Zusatzpunkte.

4. Durchführung - zählt doppelt

Hier bekommen Neubewerber grundsätzlich 0 Punkte. Altgediente Großwirte erhalten 5 Punkte, Wirte kleinerer Zelte, die nun zu einem Großzelt wechseln, 2 Punkte. Zusatzpunkte gibt’s für „Barrierefreiheit“, „Familienfreundlichkeit“, „unverstärkte traditionelle Musik“ oder einen „Haussanitäter“.

5. Stammbeschicker - zählt doppelt

Noch eine Vorteilskategorie für bewährte (kleine und große) Wirte: je ein Punkt für fünf Jahre auf der Wiesn.

6. Ausstattung - zählt vierfach

Wie bislang werden die Fassade, Malereien, Beleuchtung, drehbare Bühnen und allerlei Deko bewertet. Viel Spielraum also für persönliches Geschmacksempfinden.

7. Technischer Standard - zählt vierfach

Hier geht’s wie bislang um Fragen wie: Wie alt ist das Zelt? Gibt’s Obergeschosse? Wie schaut die Küche aus? Gibt’s Bier-Ringleitungen?

8. Anziehungskraft - zählt vierfach

Wie beliebt ist das Zelt? Eine Kategorie, in der viel Bewertungsspielraum bleibt. Herangezogen werden beispielsweise „Erfahrungswerte“ oder „Artikel in der Fachpresse“.

9. Tradition - zählt vierfach

Wieder eine Kategorie, in der Altgediente punkten: Für jeweils zehn Jahre Zulassung gibt’s einen Punkt.

10. Platzbedarf - Diese Kategorie entfällt ersatzlos

Wenn ein Neubewerber einen Alt-Wirt verdrängen will, muss er seinen Platzbedarf dem Vorgänger anpassen.

11. Ortsansässigkeit - zählt doppelt

Hat der Wirt seinen Firmen- oder Hauptwohnsitz in München, bekommt er – wie bisher – für jedes volle Jahr einen Punkt.

12. Eigentum - zählt doppelt

Für die großen Festwirte entfällt diese Kategorie, weil die meisten Großzelte gemietet sind. Nur bei den Mittelbetrieben gibt’s Punkte.

13. Ökologie - zählt doppelt

Wie früher gibt’s hier Punkte für Ökostrom, Bio-Lebensmittel, Energiesparmaßnahmen.

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Änderungen für Schausteller

Auch für die Schausteller schlägt die Verwaltung Änderungen vor. Weil es mehr moderne Fahrgeschäfte geben soll, gibt’s auf Betriebe mit einem Baujahr vor 1970 nur noch 2 statt bisher 6 Punkte. Von der Regel ausgenommen bleiben aber die urigen Traditionsgeschäfte wie Krinoline, Teufelsrad, Schichtl und Toboggan.

Bewertungskontrolle werden Verändert

Eine Innenrevision soll künftig prüfen, ob die Bewerbungen auch fachgerecht beurteilt wurden. Und damit kein Gedanke mehr aufkommt, es sei bei einer Vergabe nicht mit rechten Dingen zugegangen, soll auch ein Anti-Korruptionsbeauftragter noch einen Blick auf die Vergaben werfen.

Ob die neuen Kriterien allerdings für die Wiesn 2015 schon gültig werden, ist – dank der Vertagung im Stadtrat – ziemlich fraglich.

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