Virologe warnt vor der Wiesn: "Synchronisiertes Superspreading"

Im Interview mit dem Bayerischen Rundfunk hat der Virologe Oliver T. Keppler seine Bedenken gegen das Oktoberfest 2022 geäußert: ein unkontrollierbares pandemisches Geschehen – weit über München hinaus.
von  AZ
Eigenverantwortung oder Superspreader-Event mit weltweiten Folgen? Das Oktoberfest wird heuer kontrovers diskutiert.
Eigenverantwortung oder Superspreader-Event mit weltweiten Folgen? Das Oktoberfest wird heuer kontrovers diskutiert. © Frank Leonhardt/dpa/Archivbild

München - Oliver T. Keppler von der Ludwig-Maximilians-Universität (LMU) sieht die bevorstehende Wiesn, die am 17. September startet, äußerst zwiegespalten. Im Interview mit "BR24" stellt der Virologe einer – in seinen Augen grundsätzlich begrüßenswerten – Eigenverantwortung die Risiken für die Stadt München, den Landkreis und das internationale Publikum klar heraus.

Ausländische Gäste bringen neue Varianten

Zum einen würden die vielen Gäste aus dem Ausland neue Virusvarianten in die Stadt tragen und so "zur Verbreitung der Herbstwelle in die ganze Welt" beitragen.

Ein Vergleich zu kleineren Volksfesten sei ob der Dimension nicht angemessen. "Das nun mal größte Volksfest der Welt kann Millionen Neuinfektionen innerhalb von zwei Wochen im Großraum München ermöglichen", sagte Keppler gegenüber "BR24".

"Das ist synchronisiertes Superspreading mit weltweiter Sichtbarkeit. Der Vergleich mit anderen Volksfesten, Konzerten, Bars, Clubs oder dem Urlaub am Strand springt aus meiner Sicht zu kurz."

Wiesn 2022: Eine Veranstaltung mit vielen Unbekannten

Natürlich könne jeder selbst entscheiden, ob er aufs Oktoberfest geht – allerdings: "Eine Rückkehr nur zu vorpandemischen Automatismen birgt schwer abzuschätzende Risiken", meint der Virologe, und er schließt selbst Fachleute nicht aus. "Die Wiesn 2022 ist eine Veranstaltung mit vielen Unbekannten. Der Wunsch nach Normalität darf vermeidbare Risiken für die Gesellschaft nicht verdrängen."

Eine starke Belastung des lokalen Gesundheitssystems im Oktober und November hält er für wahrscheinlich, und die Konsequenzen für die Akutbetreuung wie auch für geplante operative Eingriffe für schwer abschätzbar. Keplers Fazit: "Sowohl eine Absage der Wiesn 2022 als auch eine Durchführung wie 2019 sehe ich als problematisch an."

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